1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Ix. Italien.
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hohen, durch teu Berg gehauenen Gang, die Grutta del Posilippo, deren
erste Anlegung griechischen Colonisten im Alterthume zugeschrieben wird.
Von hier gelangt man westlich zuerst zu dem See von Agnano, der, in
einen Felsenkessel eingeschlossen, wie die ganze Gegend das Gepräge seines
vulkanischen Ursprungs trägt. An seinen Ufern befindet sich die berühmte
Hundsgrotte, Grotta dcl cane, deren Boden stets mit kohlensaurer,
erstickender Luft bedeckt ist. Links davon in einem Thale sprudelt am Fuße
der leucogäischen Felsen die heiße Quelle delle Pisciarelle. Noch weiter
westlich liegt die Loikatara, die Campi phlegraei oder das Forum Vul-
cani der Alten, ein ausgebrannter Bulcan mit geringer Vegetation ; aus
dem verbrannten und überall zerklüfteten Boden des Kraters steigen erstickende
Schwefeldämpfe empor. Verläßt man dies schauerliche Thal, so gelangt
man weiter westlich auf die schöne, mit unzähligen Ruinen besäete Straße
nach Puzzuoli. Dieser jetzt kleine Ort mit 9800 Einw., das glänzende
Puteöli der Alten, enthält noch manche Trümmer des Alterthums, vor-
züglich einen jedoch durch Erdbeben sehr zerstörten Tempel des Serapis,
dessen Fußboden jetzt unter Wasser steht, und einen Tempel des August,
jetzt die Kathedrale des heiligen Proculus. Die Brücke des Caligula, welche
aus einigen bei der Stadt aus dem Meere hervorragenden Pfeilern besteht,
führt nach einem alten Molo. Verfolgt man weiter westlich die Meeres-
küste, so gelangt man, an den Ruinen eines Amphitheaters in der Nähe
der Stadt vorbei, zu den Trümmern einer Villa des Cicero, die er Puteo-
lanurn oder Academia nannte, und dann zu dem ehemals viel bedeuten-
deren, jetzt ganz kleinen und versumpften, mit dem Meere zusammenhängenden
Lucriner See. Er ward von dem in einer Nacht, am 29. September
1538, durch einen vulcanischen Ausbruch entstandenen, 2400' hohen klonte
uuovo größtentheils verschüttet. Der Lucriner See, berühmt als römische
Austernpflanzschule, stand im Alterthum mit dem in geringer Entfernung
nördlich liegenden Averner See in Verbindung und bildete einen prächtigen
Hafen, Portus Julius, was alles spurlos verschwunden ist. Der Aver-
uus, wohin die Mythe den Eingang in die Unterwelt verlegte, galt im
Alterthume für unergründlich, hat aber nur 400' Tiefe, und seine schäd-
lichen Ausdünstungen, die sich verloren haben, sollten selbst die Vögel in
der Luft tödten. An seinen Ufern zeigt man eine schauerlich tiefe Höhle,
angeblich die Grotte der cumäischen Sibylle genannt, welche für den Ein-
gang der Unterwelt galt. Links vom See liegen die wenigen Trümmer der
alten Stadt Cumae, worunter sich vorzüglich der Arco ftdice, ein pracht-
volles altes Thor, auszeichnet. In weiter Ferne liegt nördlich au der
Küste in Sumpf und Wald ein einsamer Thurm, Torrs di patria, den
man für das Grabmal des älteren Scipio hält, denn hier lag das alte
Linternum, wohin er sich freiwillig verbannte. Vom Lucriner See an
wendet sich das User nach S. und bildet jenes herrliche, den Meerbusen
von Neapel westlich begrenzende Vorgebirge von Misenum, den Hauptsitz
römischer Ueppigkeit und Pracht. Hier trifft man zuerst die Ltuts di
Nerone, eine mit erstickend heißen Dünsten erfüllte Höhle, die für einen
Theil der Bäder des Nero ausgegeben wird; dann das jetzt iftebaja, das
hochberühmte Bajae der Alten, nach ihrer Meinung der lieblichste Fleck der
Erde, in dessen Umgebungen viele herrliche Villen lagen. Noch sieht man
Blanc'« Handbuch Ii. 8te Auf».