1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Xl Das russische Reich.
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theilte sein Reich unter seine 12 Söhne; doch wollte er, daß jedesmal einer
dieser Fürsten mit dem Titel Großfürst zu Kijew eine Art von Oberlehns-
Herrlichkeit behaupten sollte. Unaufhörliche und blutige Fehdein waren die
Folge dieser Einrichtung, und um den Staat vollends zu zerrütten, drangen
1237 die Mongolen unter Batu Chan, einem Enkel des furchtbaren
Dschingiö Chan, in Rußland ein und unterwarfen sich das ganze Reich
nach einigen Siegen. Sie ließen zwar die Großfürsten in ihrer Würde,
aber diese wurden ihnen tributpflichtig, gänzlich von ihnen abhängig, und
der wahre Herr des Reichs war der Chan von Kaptschak von der goldenen
Horde, welche an den Ufern der Wolga und jenseits derselben hauste. Auch
die westlichen Nachbarn benutzten den unglücklichen Zustand des Landes
und im 14. Jahrh, gingen ganze Provinzen an Litthauen und Polen ver-
loren, die Küsten der Ostsee wurden von den Schwertbrndern beherrscht,
und die Statt Nowgorod behauptete sich als ein mächtiger Freistaat. —
Ein ausgezeichneter Fürst, Iwan 1. Wassiljewitsch, 1462 — 1505, befreite
sein Vaterland von dem schimpflichen Joche der Mongolen und ward der
erste Gründer des heutigen Rußlands. Schon seit einem Jahrhundert war
die Macht der Mongolen durch die Angriffe Timurs, 1378—95, sehr ge-
schwächt worden, und ihr Reich war in mehrere kleinere Staaten zerfallen,
unter denen die von Kasan, Astrachan und der Krim für die^russische Ge-
schichte die wichtigsten sind. Iwan, seine Kraft und die Schwäche der
Feinde richtig beurtheilend, verweigerte ihnen 1477 den bisherigen Tribut,
unterstützte seine Weigerung kräftig durch die Waffen und unterwarf selbst
1478 das bis dahin so mächtige und gefürchtete Nowgorod; andere kleinere
russische Fürstenthümer vereinigte er ebenfalls mit seinem nun schon bedeu-
tenden, über 24,000 □ ä)i. umfassenden Reiche. Noch mehr that für die
Vergrößerung seiner Staaten der seiner Grausamkeit wegen übel berüchtigte
Iwan 0. Wassiljewitsch, 1534—84. Er eroberte die tatarisch mongolischen
Reiche Kasan und Astrachan, und obgleich durch die Gewalt der Umstände
zur äußersten Strenge gegen die übermüthigen Bojaren (Großen) ge-
zwungen, war er der erste Zar (schon sein Vater hatte diesen Titel ange-
nommen), welcher darauf bedacht war, durch fremde Künstler, Handwerker
und Gelehrte seinem Volke einigen Antheil an der europäischen Bildung zu
geben. Durch die Eroberung eines großen Theils von Sibirien hatte er
sein Reich ans 144,000 Hjm. ausgedehnt. Weit seinem Sohne, dem
schwachen Feodor, erlosch der Stamm Ruriks 1598. Sein Tod veranlaßte
14 Jahre lang die blutigsten Unruhen. Schon während seines Lebens
halte sein Schwager Boris Godunow die Regierung geführt, und man be-
schuldigte ihn späterhin, daß er einen jüngeren Bruder Feodors, Dmitri
(Demetrius), ja den Zar selbst habe ertnorden lassen. Dennoch nahm er
nach Feodors Tode den Thron in Besitz, als plötzlich sich die Nachricht
verbreitete, der junge Dmitri sei den Meuchelmördern glücklich entkommen
und habe sich eine Zeit lang in Polen aufgehalten, wo er nun von vielen
Großen förmlich anerkannt wurde. In der That unterstützten ihn die
Polen, er brach an ihrer Spitze in Rußland ein, siegte und ward allgemein
als Zar anerkannt; Boris nahm Gist und starb 1605. Bald aber wendete
sich sein Schicksal; das Volk, unzufrieden, daß er die Polen begünstigte und
dem Katholicismus zugethan war, empörte sich in Moskwa, und Dmitri