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1. Asien, Australien, Afrika, Amerika - S. 121

1869 - Braunschweig : Schwetschke
Vi. Ostindien. 1. Hindnstan. 121 gnügen, das Bekannteste und Allgemeinste zu erwähnen. Aus Allem, was wir von der unendlich verworrenen, mit den sonderbarsten, zum Theil tief- sinnigsten Allegorien überladenen Mythologie der Hindus wissen, geht wenigstens soviel hervor, daß der Glaube des Volks und was die Brah- minen fiir gut finden zu lehren, nur eine unglaubliche Entartung und Ent- stellung ursprünglich sehr reiner und tiefer religiöser Ideen ist. Selbst aus dem Unsinn, worunter die indische Götterlehre jetzt verschüttet zu sein scheint, schimmert als die edle Grundlage ihres Glaubens: die Erkenntniß eines einzigen höchsten Wesens, die Verpflichtung zu einem rein sittlichen Wan del und die Ueberzeugung einer ewigen Fortdauer des Menschen hervor. Das scheint überhaupt die Geschichte dieses unendlich interessanten Volkes zu sein, daß das heutige Geschlecht nur kümmerliche, mißverstandene Brocken früherer Weisheit, nur dürftige Trümmer früherer Kenntnisse und Wissen- schaften besitzt. So sind die Hindus in den tiefsten Aberglauben in Hin- sicht auf die Einwirkung der Gestirne, auf die Wahl glücklicher und un glücklicher Tage und Stunden versunken; sie hegen die abenteuerlichsten Vorstellungen von der Einrichtung des Weltgebäudes, und eben dieses Volk besitzt dennoch alte Tabellen und Formeln, wonach ihre Gelehrten noch jetzt mit bewunderungswürdiger Genauigkeit, ohne Papier und Feder, blos mit Hülfe von kleinen Muscheln, als Rechenpfennigen, die schwierigsten astronomischen Aufgaben zu lösen wissen und die Bewegung der Himmels- körper, namentlich die Sonnen- und Mondfinsternisse berechnen, ohne diese Bewegungen selbst zu kennen und zu verstehen. Ebenso sind die Hindus ohne Zweifel die Erfinder unserer gewöhnlich arabisch genannten Zahlen, sowie der Algebra gewesen, und was Chaldäer, Perser und Aegypter von Astronomie verstanden, das verdankten sie den Hindus. Die wahre Blüthe dieser Wissenschaften in Indien ist indeß nicht so alt, als man früher glaubte, sondern fällt wahrscheinlich in das 4. oder 5. Jahrh. v. Chr. Die Wunder ihrer Baukunst, wovon später, sind ein anderer Beweis eines uralten, längst verloren gegangenen, höchst gebildeten Zustandes. — Die Hauptzüge ihrer heutigen Götterlehre*) sind folgende: Das höchste Wesen, welches aber nie bildlich dargestellt oder in Tempeln verehrt wird, ist Brahma oder Parabrahma, das Große oder das Urgroße; von ihm ist Alles ausgegangen, zu ihm kehrt Alles zuriick; er ist der Ewige, der Allmächtige, der Allgegenwärtige und Allwissende; sein Geist in sich selbst verschlungen ist frei von aller Lust und Begier, er ist der Alleiuselige. Von ihm sind ausgegangen Bhawani oder die Natur und ein zahlloses Heer von Geistern, unter welchen die drei obersten Brahma oder Brah- man, Wischnu (Vishnus) und Siwa (Sivas) die heilige Trimurtis oder Trinität der Hindus, die hauptsächlichsten Gegenstände ihrer Verehrung sind. Jedoch haben nur die zwei letzteren Tempel; Brahma ist dieses Vor- zugs durch Hochmuthsünde fast ganz verlustig gegangen; aber es werden einige Feste ihm zu Ehren gefeiert. Alle Hindus theilen sich daher in ^ischnuiten und Siwaiten, wovon letztere die überwiegende Mehrzahl aus- *) Man rechnet die Zahl der Bekenner des Brahmaismus auf 9/io der ae sammten Bevölkerung.
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