1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Welt
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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iï. Asien.
Die eigentlichen Chinesen, zur mongolischen Race gehörend, sind
gewöhnlich nur von inittlerer Größe und haben viel Anlage, fett zu wer-
den, was sogar von ihnen gewünscht und befördert wird. Hände und Füße
sind klein; die Gesichtsfarbe ein schmutziges Gelb; Nase und Lippen haben
etwas Negerartiges, jene platt mit weiten Nasenlöchern, diese etwas aufge-
worfen; die Backenknochen stehen hervor; das Auge, für diese Menschenart
höchst charakteristisch, ist klein und nach der Nase zu in einem spitzen Winkel
nach unten gebogen; der Bart ist dünn; das Haupthaar, bis auf einen
Büschel auf dem Wirbel, Pentse, der als Flechte getragen wird, ge-
schoren. Das Abschneiden dieses Zopfes ist eine Strafe der Verbrecher.
Das weibliche Geschlecht schminkt sich, oft vom siebenten Jahre an; gleich
nach der Geburt werden den Mädchen, versteht sich nur der höheren Stände,
die Zehen unter die Fußsohle gedrückt und durch Binden befestigt, wodurch
der Fuß oft nur eine Länge von 4 bis 5 Zoll erhält, allein auch die Knöchel
anschwellen und das Gehen höchst beschwerlich und unsicher wird. Die
Weiber werden übrigens hier mit der größten Eifersucht, nicht selten von
Verschnittenen, bewacht, und Niemand, ausgenominen der Kaiser, darf mehr
als eine rechtmäßige Gemahlin haben. Dennoch ist die Sittenlosigkeit groß
und allgemein; unzählige Kinder, besonders Mädchen, werden erbarmungs-
los gleich nach der Geburt ausgesetzt und kommen zu Tausenden um; der
Vater kann seine Kinder auch zu Sclaven verkaufen. Im Ganzen wird
der Charakter der Chinesen von allen Reisenden mit äußerst ungünstigen
Farben geschildert. Unmenschliche Gefühllosigkeit, der schmutzigste Eigen-
nutz und alle Laster, die daraus stießen, als Kriecherei und Sclavensinn,
Hinterlist, Lüge und Betrug, grausamer Stolz gegen Geringere und thieri-
sche Sinnlichkeit, werden allgemein als die Schattenseiten des chinesischen
Charakters angegeben. Alle diese Fehler aber sind auf eine widerliche
Weise mit den feinsten und umständlichsten Formen äußerer Höflichkeit und
Atilde bedeckt, welche ein Hanptsttidium der Jugend ausmachen und wo-
gegen der kleinste Verstoß streng geahndet wird. Dagegen ist der Chinese
äußerst arbeitsam und ausdauernd; der Ackerbau wird mit dein Fleiße der
Gärtnerei betrieben, die Viehzucht ist minder bedeutend. In allen Hand-
arbeiten ist der Chinese unglaublich geschickt, so daß chinesische gemeine Ar-
beiter mit ihren ungeschickten Werkzeugen oft zum Erstaunen der Engländer
Dinge nachmachten, die man in Europa nur durch die vollkonunensten In-
strumente und Maschinen zu Stande bringt. Unleugbar hat China in
einer sehr frühen Zeit eine bedeutende Bildungsstufe erreicht, ist aber auch
unwandelbar daraus stehen geblieben, und obgleich die Chinesen das Pul-
ver, die Buchdruckerei, den Compaß und andere Erfindungen viel früher
gekannt als wir, so stehen sie doch jetzt in jeder Wissenschaft und Kunst
tief unter dem Europäer. Obgleich am Meer wohnend und es häufig be-
fahrend, sind sie ganz unwissend in den Seewissenschaften; nur mit Hülfe
europäischer Missionare sind sie im Stande, einen Kalender anzufertigen;
ihre Musik ist geräuschvoll, aber ohne Harmonie; sie ahmen die Statur in
ihren Gemälden mit der peinlichsten Treue nach, haben aber keinen Begriff
von der Perspective, und tadeln an europäischen Gemälden den Schatten,
den sie für Schmutzflecke ansehen; nichtsdestoweniger verfertigen sie nach
europäischen Vorbildern sehr saubere Gemälde auf Porzellan, lackirtem