1869 -
Braunschweig
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde, Welt
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
I. Nord-Polarländer von Amerika.
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edelmüthige Wittwe Franklins hat dagegen vergebens Einspruch gethan,
und sich im Jahre 1856, unterstützt von großmüthigen Männern, bemüht,
eine neue Expedition, wenn auch auf ihre eigenen Kosten, zu Stande zu
bringen, in der Ueberzeugung, daß das Schicksal der Franklinschen
Expedition noch nicht aufgeklärt, daß noch nicht der Tod eines Einzigen
der Mannschaft bewiesen, daß noch Hoffnung vorhanden sei, daß noch
einige derselben am Leben seien, und daß das Aufgeben fernerer Unterneh-
mungen „Mangel an Dankbarkeit, an Zuverlässigkeit und Ehre" von Seiten
des Vaterlandes verrathe. Durch diese Anregung ist 1857 ein letztes Schiff*)
nach den Nordpolargegenden abgesandt worden, Erkundigungen über das
Schicksal Franklins und seiner Gefährten einzuziehen. Die Vermuthung,
daß sich in der Gegend des Nordpols ein freies (?) Meer befinde, hatte durch
Kaue mehr Wahrscheinlichkeit erlangt. Der nördlichste Punkt ist nicht
nothwendig der kälteste. Der Grad der Kälte hängt auch wesentlich von
der Gestalt und Ausdehnung der Länder, von der Vertheilung von Land
und Wasser, von den Strömungen im Ocean ab. Es hat gar keinen
Werth, die Frage zu besprechen, ob ein vom Eis freies Meer am Pol
oder in der Nähe des Pols denkbar ist. Daß sich in den großen Eisfel-
dern, welche Tausende von Quadratmeilen einnehmen, hier und da Kanäle
und Seen bilden, welche bald hier, bald dort angetroffen werden, ist wohl
denkbar, ja zum Theil erwiesen. Aber an ein an bestimmten Grenzen und
stets auf derselben Stelle anzutreffendes Meer können wir nicht glauben.
Die Nachricht von einem offenen Polarmeer entstand durch eine vermeint-
liche Entdeckung eines der Leute des Di'. Kane, Namens Morton. Die
Mortonsche Entdeckung wurde indeß durch das, was ein anderer Begleiter
des Dr. Kane, Dr. Hayes, auf einer späteren Expedition im Jahre 1861
beobachtet, zum Theil widerlegt.
*) Es soll damit nicht gesagt sein, nach 1857 sei kein Schiff weiter zur Er-
forschung der Nordpolargegenden ausgelaufen. Die Engländer machten mit 1857
eine Pause; dagegen setzten die Amerikaner die Unternehmungen mit großem Eifer
fort. Wir wollen hier nur noch der Hayes'schen Expedition gedenken, vr. Hayes
erreichte seinen äußersten Punkt 81° 35' n. Br. an der Westseite des Kennedy-Kanals
am 18. Mai 1861.