1855 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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selbst. Unserer Nation wahre, göttliche Bestimmung erkennen wir nur
aus ihrer Geschichte. Aus ihrer Vergangenheit lernen wir unsre Ge-
genwart verstehen, unsre Zukunft ahnen, und alle unsre gegenwärtigen
politischen und bürgerlichen Verhältnisse, das, was wir sind und was
wir sollen, unsre selbsteigene Art, das Alles erklärt sich uns in der
Anschauung der 19 Jahrhunderte, die unser Volk historisch durchlebt
hat. Wie viele politischen Verirrungen unsrer Tage würden unterblie-
den sein, wäre unsre Geschichte mehr Gemeingut unsres Volks geworden!
Wie würde man sich mehr mit der Gegenwart befreunden, wenn man
die Vergangenheit kennen gelernt hätte! Mit wie festerem Muthe würde
man verhängnißvolle Zeiten durchwandern, wenn man erfahren hätte,
wie Gottes Hand schirmend und segnend über dem Vaterlande waltet
und auch ihm aus der Finsterniß das Licht hervorbrechen läßt!
Der Verfasser wollte ein „patriotisches" Lehrbuch schreiben. Er
wollte in denen, die es gebrauchen, Liebe zum Vaterlande wecken,
gründen, nähren, stärken, beleben. Aber eine deutsche Liebe. Das
ist eine edle Eigenthümlichkeit der deutschen Nation, gerecht zu sein
gegen sich und Andre, leicht und gern die eigenen Mängel und Un-
tugenden und eben so die Tugenden und Vorzüge andrer Nationalitäten
abzuerkennen. Zwar geräth der Deutsche dadurch leicht in die Gefahr,
das Fremde höher zu achten als das Eigene, und darin mag auch
eine der Ursachen liegen, daß deutsche Lehrer die Geschichte anderer
Völker mit Vorliebe treiben; aber an der Hand der Geschichte lernt
der Deutsche auch stolz darauf sein, daß er eben ein Deutscher ist, in-
dem er sich in die Betrachtung dessen versenkt, was seine Nation von
jeher Großes, Schönes, Edles geleistet hat und wqs sich als ihr welt-
historischer Beruf aus ihrer Führung ergibt. Nationalstolz, aber deut-
schen Nationalstolz zu pflanzen, zu fördern, in dem Bewußtsein, daß
die deutsche Nation den besten aller Zeiten ebenbürtig, mit und zu dem
Streben, in sich und seinen Landsleuten die nationalen Untugenden zu
bekämpfen, die nationalen Tugenden zu Pflegen und zu entwickeln, die
wahre nationale Herrlichkeit zur Entfaltung zu bringen, dessen ächten,
christlichen Patriotismus zu fördern, ist eine Hauptaufgabe, die sich dieses
Lehrbuch stellt.
Und da es uns Deutschen nun einmal beschieden äst und als etwas
von Gott Gewolltes erscheint, weil es schon in unsrer Urgeschichte sich