1855 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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standen. Eins dieser Völker, die Sequaner, hatte gegen ein anderes,
die Aeduer, die Hülfe der benachbarten Deutschen angesprochen. Ariovist
(d. i. Heerwist), ein suevischer Heerfürst, kam, bezwang die Aeduer, und
nannte ihr Gebiet sein, nicht minder auch das der Sequaner. Dazu-
mal war der größte Römerheld, Julius Cäsar, in Gallien. An ihn
wandten sich die Unterdrückten. Er gebot dem Deutschen, zu weichen.
Dieser berief sich auf das Recht der Waffen; sie möchten entscheiden.
Da ergriff Angst die Herzen der Römer; sie wollten gegen solche Feinde
nicht folgen. Cäsar aber beschämte und entflammte sie, und als er dem
Ariovist gegenübertrat, nahm dieser auffallender Weise die Herausfor-
derung nicht an, denn die Allraunen hatten den Kampf vor dem Neu-
monde untersagt. Kaum vernahm Cäsar diese Ursache, so griff er an,
und da die Deutschen ohne Vertrauen auf die Götter fochten, so mußten
sie unterliegen. Das geschah in der Schlacht bei Besannen im Jahre
58 v. Chr. Ariovist rettete sich mit Wenigen über den Rhein. Cäsar
aber unterwarf sich darnach durch List und Gewalt die deutschen Völker
in Gallien, und um auch die diesseitigen zu schrecken, ging er zweimal
über den Rhein, ohne sich jedoch lange bei uns aufzuhalten. Er hatte
der Deutschen Tapferkeit und Heldenkraft achten gelernt. Von nun an
nahm er deutsche Jünglinge in Sold, und als er bald barauf sich zum
Oberherrn im römischen Reiche machen wollte, da verdankte er einen
nicht geringen Theil seines Glückes seinen deutschen Schaaren.
§. 11. Deutschland in Gefahr, römisch zu werden.
Cäsars Neffe, der Kaiser Augustus, beschloß, das deutsche Land
seinem großen Reiche einzuverleiben, und sandte zu diesem Zwecke seine
beiden Stiefsöhne Drusus und Tiberius, 14 v. Chr., an die Do-
nau, die sie vorläufig zum Grenzflüsse machten, dann den Drusus an
den Rhein. Drusus legte den Rhein entlang auf dem- gallischen Ufer
eine Reihe von festen Plätzen, Kastellen, an, und namentlich Mainz
als seinen Hauptwaffenplatz; dann überschritt er den Rhein und zog die
Lippe hinauf; die Deutschen wichen zu beiden Seiten in ihre Wälder,
und wenn er jedesmal im Herbste den Rückzug antrat, dann fielen sie
über ihn her, und ließen ihn ihre starke Faust fühlen. Im dritten
Jahre kam er bis an die Elbe, da, wo sie die Saale aufnimmt.
Geschreckt von einer geheimnißvollen Erscheinung, kehrte er um, stürzte
unterwegs mit dem Pferde und starb zu Mainz, wo man noch sein
Todtenmal zeigt, an der Verletzung. 9 v. Chr.
Was Drusus begann, sollte Tiberius vollenden. Heimtücke war
seine Hauptwaffe, gegen welche deutsche Biederkeit nicht bestehen konnte.
Er beraubte die Völker ihrer Fürsten, und so beugte er sie unter sein
Joch. Kastelle erbaute er am Rhein und die Lippe hinauf bis an die
Weser, lichtete die Wälder durch Heerstraßen (Hellweg), legte durch
die Sümpfe die „langen Brücken", führte römische Gesetze ein, schickte
edle Jünglinge als Geißel nach Rom, machte viele Tausende von Deut-
schen unter den Namen von Bundesgenossen zu römischen Soldaten,
und suchte in aller Weise römische Sitte und Sprache zu verbreiten. n