1855 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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§. 85. Drei Päpste und drei Kaiser.
Die Unzufriedenheit mit Wenzel veranlaßte die 3 geistlichen Kur-
fürsten nebst Kurpfalz, zu Oberlahnstein seine Absetzung auszusprechen;
sie wählten dagegen den Ersten Vesten, den Pfalzgrafen Ruprecht
1400. Der war ein wackerer Mann, und that sein Möglichstes, in
Italien die kaiserlichen Rechte und in Deutschland Ordnung und Gesetz-
lichkeit aufzurichten; aber die Großen wollten sich nicht beugen, und er
mußte Vieles geschehen lassen. In der Stiftung der Universität
Heidelberg, der zweiten in Deutschland, hat er sich ein ehrendes
Denkmal errichtet. Sein College Wenzel erfuhr indeß zum zweiten
Mal die Schmach, von seinem Bruder Sigismund gefangen genommen
zu werden, und er blieb 19 Monate in Haft. Zu derselben Zeit
stritten um Petri Stuhl zwei Päpste, der eine zu Rom, der andere zu
Avignon, und nachdem die Christenheit lange genug dies Aergerniß er-
duldet, beschlossen die geistlichen und weltlichen Machthaber, auf einem
allgemeinen Concil zu Pisa 1409, die Eintracht der Kirche wieder-
herzustellen, lind die päpstliche Allgewalt zu eigenem Vortheil zu be-
schränken. Sie setzten die Leiden Nebenbuhler ab, und wählten einen
neuen Papst. Da aber jene nicht wichen, so entstand aus der päpst-
lichen Zweifaltigkeit, wie man sich ausdrückte, eine päpstliche Dreifaltig-
keit. Jeder von ihnen that seine Leiden Widersacher nebst ihrem An-
hang m den Bann, und so lag die ganze Christenheit unter Fluch und
Zwietracht. Darüber starb Ruprecht 1410, und nun wäre es dem
deutschen Reiche fast ergangen wie der Kirche. Denn Wenzel hielt die
Krone noch immer fest, und die rheinischen Kurfürsten wählten an Rup-
rechts Stelle zwei: Wenzels Bruder Sigismund und seinen Vetter
Jobst von Mähren. Zum Glück starb dieser bald; seine Partei er-
klärte sich für Sigismund, und Wenzel übergab ihm die Negierung
mit der Bedingung, daß er selber bis an seinen Tod Kaiser heißen solle.
8- 86. Sigismund, 1410 —1437, und das Concil zu
Kostnitz, 1414 — 1418.
Dem Könige Sigismund war es bei seiner Wahl zur ersten Pflicht
gemacht worden, die Einigkeit in der Kirche wiederherzustellen, und eine
Reformation der Kirche d. h. die Beseitigung mancher päpstlichen Miß-
bräuche herbeizuführen, und er ließ sich dieses mit rühmlichem Eifer an-
gelegen sein. Die Klagen über päpstlichen Unfug und das dadurch
eingerissene Sittenverderbniß waren so allgemein und so schreiend, daß
sie nicht länger überhört werden durften. Es gelang Sigismund, das
Concil zu Kostnitz zu Stande zu bringen. Das war die glänzendste
und zahlreichste Versammlung, die je stattgefunden, denn aus allen
Christenländern kamen Fürsten, Bischöfe, Aebte und Theologen, und
wetteiferten in Pracht und Gelehrsamkeit. Der eine Papst, Johann
Xxiii., der in seiner Jugend Seeräuber gewesen, sich den Cardinalshut
erkauft, und den heiligen Stuhl durch das frechste Sünderleben ent-
weiht hatte, wurde 70 schrecklicher Frevel überführt und verurtheilt;
der 88jährige Gregor Xii. dankte freiwillig ab, und als Benedict Xiii.