1855 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Bender, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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König mußte durch eine Ansprache die Seinen beruhigen. Da sang man:
„Herz, laß dich nicht zerspalten
Durch Feindes List und Spott!
Gott wird es wohl verwalten,
Er ist der Freiheit Gott." —
Oesterreich erbot sich zum Vermittler des Friedens, aber es verlangte
Auflösung des Rheinbundes, Theilung des Großherzogthums Warschau
an Rußland, Preußen und Oesterreich, Rückgabe der deutschen Nordsee-
küste an Deutschland und Jllyriens an Oesterreich, — Vorschläge, die
Napoleon mit Wuth verwarf. Fürst Metternich, der Staatsminister
Oesterreichs, brachte endlich einen Kongreß zu Prag zuwege, der am
28. Juli begann.
§. 170. Oesterreich im Bunde. Gott mit uns.
Napoleon hatte seine Gesandten in Prag instruirt, daß sie in nichts
nachgeben und die Verhandlungen in die Länge ziehen sollten. Da
erhoben sich der russische und der preußische Gesandte am 10. Aug. Mitter-
nachts mit dem Schlage 12, und sprachen das kühne Entscheidungswort:
jetzt sei es mit dem Unterhandeln, zu Ende. Feuerzeichen auf
den Bergen trugen rasch die frohe Kunde in das Lager der Freiheits-
kämpfer. Am 14. erklärte Oesterreich an Frankreich den
Krieg. Jubelnd begrüßten seine Völker ihres Kaisers Waffenruf, und
Oesterreicher, Preußen und Russen umarmten sich als Brüder. Der
Morgen der Freiheit war angebrochen, und alle deutschen Herzen sahen
ahnungsfroh gen Osten. Wie gern hätten die Sachsen und die Bayern,
die Hessen und die Rheinländer, die Würtemberger und die Westphalen
in dem erwachten Gefühl, Deutsche ju sein, sich an den heiligen Bund
angeschlossen, aber ihre Stunde war noch nicht gekommen. Die Rhcin-
bundsfürsten sollten erst an der Befreiung des deutschen Vaterlandes
Antheil haben, nachdem sie vornehmlich durch Preußens Heldenblut er-
rllngen war. Ganz Europa, mit einziger Ausnahme der Türkei, stand
nun in Waffen. Die Verbündeten eröffneten den Krieg mit 340,000
Mann, die in drei große Heerlager getheilt waren: die Hauptarmee,
die böhmische, unter dem Fürsten von Schwarzenberg, 150,000
Mann Oesterreicher, Ruffen, Preußen; die schlesische, 90,000 Mann
Preußen und Russen, unter dem General Blücher, der sich aber in
keine Schlacht einlassen, sondern „sich nur stets fest den Feinden an-
hangen" sollte; die Nordarmee, etwa 100,000 Mann Preußen,
Ruffen, Schweden, unter dem Kronprinzen von Schweden. Da-
von waren über 200,000 Preußen! Ihnen bot Napoleon mit fast glei-
cher Macht die Spitze — Franzosen, Deutsche, Polen, Niederländer,
Dänen, Italiener — aber ein Napoleon! Die drei verbündeten Mo-
narchen hatten in Mitten der böhmischen Armee ihr Hauptquartier.
Den blutigen Neigen begann General Vülow am 23. Aug., als er
den Marschall Oudinot, der Berlin erobern wollte, bei Großbeeren
zurückschlug, und am 26. rettete Vater Blücher, des Freiheitskampfes
Seele und wahres Schwert, durch seinen glorreichen Sieg über Mac-
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