1844 -
Stuttgart
: Metzler
- Autor: Hugendubel, Christian Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gelehrtenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Heinrich der Vierte von Deutschland.
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Freundin, die Gräfin Mathilde, als Zufluchtsstätte angeboten
hatte. Heinrich aber dachte nur darauf, des Kirchenbannes ent-
ledigt zu werden, und bat Mathilden, seine nahe Verwandte, um
ihre Fürsprache.
Anfangs wollte Gregor den Kaiser gar nicht vor sich lassen;
die dringendsten Vorstellungen von Seiten der königlichen Ge-
sandten blieben fruchtlos. Endlich gestattete er, daß Heinrich
ohne Gefolge in die von einer dreifachen Mauer umgebene Burg
eingelassen werde. Zwischen der mittlern und innersten Mauer
mußte der König barfuß, in linnenem Bußgewande drei Tage
und drei Nächte bei heftiger Kälte ohne Nahrung auf des Pab-
stes Entscheidung harren. Am vierten Tage, den 26. Januar,
durfte er in demselben Aufzuge vor Gregor erscheinen und wurde
unter der Bedingung vom Banne losgesprochen, daß er eidlich
versprach, sich aller Ausübung königlicher Gewalt zu enthalten,
bis der Pabst vor einer Fürstenversammluug entschieden hätte,
ob er noch würdig sey, die Krone zu tragen. Hierauf ging Gre-
gor mit dem Könige zur Messe, brach am Altare eine geweihte
Hostie entzwei und sprach: „Du hast mich großer Verbrechen be-
schuldigt; siehe, ich nehme das heilige Brod, den Leib des Herrn;
es soll mir jähen Tod bringen, wenn du die Wahrheit geredet
hast. Thue ein Gleiches, mein Sohn, wenn du dich frei fühlst
von den Verbrechen, deren du angeklagt bist." Heinrich schau-
derte vor diesem Gottesgerichte und nahm die andere Hälfte der
Hostie nicht an.
Die Italiener waren im höchsten Grade entrüstet über
Heinrichs unwürdiges Benehmen. Nirgends fand er freund-
lichen Empfang; manche Städte verschlossen ihm die Thore.
Der Unwille und die Verachtung des Volks schmerzte ihn. Er
bereute nun bitter, sich vor dem Pabste so gedemüthigt zu haben,
entschloß sich, seinen Eid zu brechen und an Gregor Rache zu
nehmen. Sobald diese Gesinnung bekannt war, versammelte
sich schnell wieder ein großer Anhang um ihn. Aber während
er die Alpenpässe besetzt hielt, um den Pabst nicht nach Deutsch-
land kommen zu lassen, wählten die deutschen Fürsten zu Forch-