1843 -
Berlin
: Sander
- Autor: Riedel, Karl, Hillert, Adolf
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
122
Vii. Karls V. Heer in Rom; Solymann vor Wien-
machte. ,, Obwohl wir Christen das Gebot haben nur zu leiden
um des Evangelii willen, so ist doch der christliche Fürst, daerdas
Schwert führt, nicht nur ein Christ und ein Privatmann, sondern
er verwaltet ein öffentlich Amt. Er gebrauche also das Schwert,
wenn er durch die öffentliche Noth und durch die Wuth anderer dazu
getrieben wird, für die Wohlfahrt der Brüder. Es ist nicht einzu-
sehen, warum ein Fürst, auch wider den Willen seines Volkes, nicht
Krieg führen dürfe. Wozu führt er sonst das Schwert? Etwa,
damit dasselbe durch den Willen des Volkes oder des Pöbels regiert
werde? Ein Fürst, der für das Evangelium streiten will, muß nur
zusehen, daß sein Gewissen auf dem festen und reinen Worte Gottes
bestehe." Aber Luther und Melanckthon ließen sich durch die bibli-
schen Gründe ihrer Amtsgenossen, so wenig als durch die politischen
des Landgrafen, in ihrer Ueberzeugung wankend machen. Da die-
selbe der Bequeinlichkeit des trägen Kurfürsten Johannes sehr zu-
sagte, hatte der Landgraf, der in dieser Angelegenheit das Princip
der weltlichen, in weltlichen Dingen keineswegs unwichtigen Klug»
heit vertrat, einen gar mühvollen Stand, ehe er den Abschluß des
Bündnisses durchsetzte. Er mußte dem Kurfürsten und dessen Sohne
Johann Friedrich, der im Rathe des Vaters eine sehr bedeutende
Stimme führte, eindringlich vorstellen, daß Wehrlosigkeit den An-
griff von Seiten der Gegner ves Evangeliums beschleunigen werde,
und sie zu wiederholtenmalen bei ihrem Glauben, bei dem Wohl
ihrer Länder und bei der Ehre und Sicherheit ihrer eigenen Person
beschwören, das in einem Bündnisse liegende Rettungsmittel ohne
Aufschub zu ergreifen. Er für seine Person habe nlcht Lust, sich um
des Evangeliums willen aus seinen Ländern verjagen und an den
Bettelstab bringen zu lassen; wohl aber sei er entschlossen, dafür zu
sterben, wenn er, von ihnen verlassen, durch die Uebermacht seiner
Feinde unterdrückt werden sollte. Aber auch nach dem Abschlüsse des
Bündnisses beharrten Luther und Melanchthon auf ihrer Ansicht von
dessen Sündhaftigkeit, und mehr als einmal rieth der erstere seinem
Herrn, dasselbe lieber wieder aufzuheben, als sich zur Befolgung
der Rathschläge des Landgrafen bewegen zu lassen. ,,Es sei vor
dem Garn gefischt, so man um Vertheidigung des Evangelii willen
sich wider die Obrigkeit lege, und sei ein rechter Mißglanbe, der
Gott nicht vertraue, daß er uns, ohne unsern Witz und ohne unsere
Macht, durch mehr Weise wohl zu schützen wissen werde. Gott habe