1843 -
Berlin
: Sander
- Autor: Riedel, Karl, Hillert, Adolf
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
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Viii. Weitere Schicksale der Reformation; Tod Karls V.
Itzt legte auch Maria, des Kaisers Schwester, ihre seit fünf-
undzwanzig Jahren mit Verstand und Mäßigung geführte Statthal-
terschaft nieder, warnte vor Uneinigkeiten und Neuerungen, und Ma-
siuö antwortete und dankte ihr ebenmäßig. Am 27. Oetober hul-
digten die Stände der meisten Landschaften, und Philipp beschwur
ihre Rechte. Im Frühlinge des folgenden Jahres übernahm dieser
auch die Regierung Spaniens, und am 7. September 1556 legte
Karl ebenfalls die Kaiserkrone nieder.
Zehn Tage nachher schiffte er sich mit seinen beiden Schwestern,
den verwittweten Königinen Eleonore von Frankreich und Maria
von Ungarn ein, landete den 28. September 1555 bei Laredo in
Spanien, und ward aller Orten von Adel, Geistlichkeit und Abge-
ordneten ehrenvoll empfangen. Am 24. Februar 1557 (seinem sie-
benundfunfzigsten Geburtstage, dem Tage des Sieges bei Pavia
und der Kaiserkrönung in Bologna- bezog Karl seine einfache Woh-
nung in dem Hieronymitenkloster des heiligen Justus bei Plazentia.
Schon früher hatte ihn die Schönheit dieser einsamen Gegend so
angesprochen, daß er den Wunsch ausdrückte den Abend seines Le-
bens hier zuzubringen. Reine, frische Luft wehte von den Bergen
herab, ein klarer Bach begränzte den Garten, welcher an Karls
Wohnung stieß, und Cedern, Granaden und Orangen streckten ihre
blühenden, fruchtbeladenen Zweige bis zu seinen Fenstern. Mit we-
nigen getreuen Dienern führte Karl hier, allen Antheil an weltlichen
Geschäften von sich weisend, ein stilles, höchst einfaches Leben. Mu-
sik, Pflege seines Gartens, wissenschaftliche Beschäftigungen und
geistliche Uebungen füllten seine Zeit. Auch wird erzählt, er habe
sich (ein Liebhaber der Uhrmacherkunst) eifrig bemüht, vielen Uhren
in seinem Zimmern einen durchaus gleichförmigen Gang beizubrin-
gen, und als dies niemals völlig gelang, nachdenklich ausgerufen:
,,und doch will man allen Menschen einerlei Glauben aufzwingen!"
Etliche dagegen berichten: Karl habe sich Vorwürfe gemacht mit den
Ketzern so gelinde verfahren zu sein, und die in Spanien wider sie
ergriffenen strengen Maßregeln gebilligt. — Jene einfache Lebens-
weise stärkte Anfangs seine Kräfte, dann kehrten die alten Uebel mit
erneuter Stärke zurück, und Karl fühlte, daß sein erschöpfter Leib
ihnen bald unterliegen müsse. Deshalb ordnete er (in thörichter
Geistesschwäche, wie Einige sagen) dem Tode mit begeisterter Kühn-
heit, oder wehmüthiger Sehnsucht ins Auge schauend, wie wir