1824 -
Berlin
: Amelang
- Autor: Reuscher, Samuel Friedrich August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
Thatsachen. — Geschichte ohne Wahrheit ist ein Leib ohne
Augen. Polyb. I. 14.
Anmerk. I. Die Geschichte, als eine Erfahrungskenntniß, beru-
het auf Zeugnissen; die Glaubwürdigkeit derselben aufbeweisen,
die Wahrheit der Beweise auf äußern und innern Gründen (in dem
erkennenden Subjekt oder erkannten Objekt). Sind diese subjektiv
und objektiv hinreichend, so entsteht ein Wissen (eine rationale
Erkenntniß) oder eine Ueberzeugung; alles Wissen aber ist entweder
assertorisch oder apodiktisch; dag erstere Prädikat kommt den
empirischen, das letztere den rationalen Kenntnissen, insbesondere der
Philosophie und Mathematik zu, von denen die erstere ihre Sätze auf
Begriffe, die letztere auf Anschauungen im Raum, auf Construktionen
gründet, wodurch sie augenscheinliche, unwidersprechliche Wahrheit
oder Evidenz erhalten.
Wenn dagegen die Gründe meines Fürwahrhaltens für mich (sub-
jektive) aber nicht für Jedermann oder allgemein (objektiv«) gültig
sind: so entsteht — im Gegensatz der mathematischen Demonstration
..oder der apodiktischen Gewißheit — der Glaube, (die vernünftige,
moralische Ueberzeugung), so wie dagegen das Glauben zum niedrig-
sten Grade des Fürwahrhaltens herabsinkt, zum Meinen, wenn die
Gründe desselben weder subjektive noch objektive zureichend sind. —
Wahrheit aus unzureichenden Gründen — wofern sie mehr für als
gegen sich haben— heißt Wahrscheinlichkeit. Auf Wahrscheinlich-
keitsgründen oder problematischen Urtheilen beruhen die historischen
Hypothesen, d. h. Erklärungen von erweislichen Fakten aus noch
unerwiesenen Ursachen, mittelst des Prinzips der Induktion und Ana-
logie.— Uebriger.s unterscheidet sich das empirische oder faktische
Wissen von dem aus allgemeinen Gesetzen und Prinzipien geschöpf-
ten (dem rationalen) nicht sowohl nach den Graden, als nach der
Verschiedenheit in der Art der Gewißheit.
An merk 11. Wahr heißt in Beziehung auf die Dinge an sich,
was keinen Widerspruch und einen zureichenden Grund hat; in Bezie-
hung auf meine Vorstellungen an und für sich, was nicht mit den
allgemeinen nothwendigen Gesetzen des Denkens im Widerspruch steht;
in Beziehung auf meine Vorstellung und ihr Verhältniß zu
den Dingen außer denselben — die Uebereinstimmung meiner Erkennt-
niß mit dem erkannten Objekte. —
Diese dreifache Relation gibt eine dreifache Gattung des Wah-
ren; das metaphysische, formale (subjektive), und materiale
(objektive), welches letztere nun der Quelle nach entweder empirisch
(historisch) oder rational (philosophisch), beides, der Form der Er-
kenntnisse und dem Grade des Fürwahrhaltens nach, wissenschaft-
lich, so wie dieses wieder, je nachdem es sich auf die Gründe der
Erkenntniß oder auf die Gesetze des Handels bezieht, entweder theo-
retisch oder praktisch ist. —
§. 24.
Was namentlich den Werth und Nutzen der Geschichte
anbetrifft, so ist derselbe über allen Beweis, wie über jeden Zweifel
erhaben, und zwar A. theils theoretisch, L. theils praktisch.
A. Denn die Geschichte ist
i) eine Wissenschaft, ein System wahrer Erkenntnisse.