1824 -
Berlin
: Amelang
- Autor: Reuscher, Samuel Friedrich August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Griechenland, wie in der ganzen alten Welt herkömmlich
— recht — und sittlich gebilligt, bis das Christen-
thum der Lehre von den Menschen-Rechten und Pflichten
durch die ethisch-kosmopolitische Jde^.der Gottes-, des
Vaters! und der Bruderliebe eine würdigere Lichtgestalt
gab — erscheint um so weniger hart und drückend, je
mehr die Lebensart in den Grenzen patriarchalischer Ein-
falt und der Ton des Umganges in der freundlichen und
feierlichen Form eines edlen und ritterartigen Familien-
lebens sich erhielt.
Paris und An chi ses sind Hirten; die Freier de?
Penelope holen das Stück Vieh von der Heerde, wie
Abraham, und schlachten! Selbst ein Eumäus wird
durch das ehrende Beiwort 2?7; menschlich geadelt, und
erscheint nichts weniger als verachtet. In einem ähnli-
chen Humanitäts-Verhältniß stehen die Frauen der he-
roisch - homerischen Welt. Zwar sind sie eigentlich nur
Dienerinnen des Herrn und seiner Bedürfnisse, theilen
auch wohl seine Liebe und seinen Umgang mit Sklavinnen
des Hauses; jedoch werden ihre persönlichen Eigenschaften
geachtet, ihre ehelichen Verhältnisse geehrt, und ihre Pflich-
ten und Rechte gegen den Gatten und das Hausgesinde
anerkannt und unterschieden. Eine Andromache, Pe-
nelope, Nausikaa, selbst die Helena, erscheinen daher
als Adeal-Gestalten heroischer Frauen und Jungfrauen,
und als Repräsentantinnen des weiblichen Geschlechts
und Lebens in der vorhomerischen Zeit! Die Liebe der
Geschlechter, auf der Mitte eines ruhigen und durch keine
konventionelle Förmlichkeiten verfeinerten und verbildeten
Naturverhältnisses stehend, ist eben so weit von der em-
pfindsamen Ritter-Galanterie des Mittelalters, als von
der brutalen Genußsucht der polygamischen Türken in ih-
ren Harems, entfernt. Ii. Iii. Vi. 490. Od. Iv. Xv.
Während die Frauen in stiller und abgesonderter
Häuslichkeit wohnen und weben, kämpfen die Männer
im Kriege oder auf der Jagd, üben sich in ritterlichen
Spielen, pflegen das Wohl der Gemeine, bewirthschaften
ihre Güter und Gauen, oder ruhen nach der Arbeit bei
behaglichen Genüssen in ihren Wohnungen aus; diese glän-
zen, wie bei Me nel aus und Alci nous, von Erz und
Metall, von Golde und Silber, das, wenn auch noch
nicht zu Geld und Münzen ausgeprägt, doch kunstmäßig
verarbeitet wurde. Od. Ii. Iv. Vii. Die Wohnungen
selbst lagen in zahlreichen Ortschaften und Städten, die