1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Von der Reformation bis znm westfälischen Frieden.
115
bewiesen. Er bat sie, sich ruhig zu verhalten, und nahm es auf sich,
den Herzog von Alba zu Allem, was billig sei, zu vermögen. Auch
brachte er es bei demselben wirklich dahin, daß er auf der Stelle einen
Befehl an die Armee ausfertigte, das geraubte Vieh den Eigenthümern
ohne Verzug wieder auszuliefern. Sobald die Gräfin der Rückgabe
gewiß war, bedankte sie sich aufs schönste bei ihren Gästen, welche
sehr höflich von ihr Abschied nahmen.
Ohne Zweifel war es diese Begebenheit, die der Gräfin den
Beinamen der Heldenmüthigen erwarb. Man rühmt noch an ihr die
Standhaftigkeit, mit welcher sie die Reformation in ihrem Lande för-
derte. Vielen protestantischen Geistlichen, welche um der Religion
willen verfolgt wurden, gewährte sie Schutz und Beistand. Sie starb
allgemein verehrt im 58. Jahre ihres Lebens.
In anderer Weise war damals für das Wohl ihrer Heimath
thätig ein armes Mädchen, Barbara Uttmann aus Annaberg. Sie
war 1514 geboren und gilt als die Erfinderin der Spitzenklöppelei,
worin sie dem armen Landvolk im Erzgebirg Unterricht ertheilte. Da-
durch ward sie die Veranlassung, daß seitdem Tausende in jener Gegend
Beschäftigung und Brod fanden. Ihre uneigennützigen Bemühungen
würdigte ein reicher Grubenbesitzer und wählte sich das fieißige, fromme
Mädchen zur Lebensgefährtin. Als begüterte Hausfrau setzte sie bis
zu ihren letzten Lebenstagen die Unterweisung des armen Landvolks im
Spitzeuklöppeln fort, und gesegnet von Kindern, Enkeln und Tausenden,
welche sie vor Noth und Elend gerettet hatte, starb sie 1561. Ihr
Grab ziert ein prachtvolles Monument von Alabaster mit der Aufschrift:
Ein thätiger Geist, eine sinnige Hand,
Sic ziehen den Segen ins Vaterland.
Wie Philipp der Großmüthige und Wilhelm V. von Hessen der
Sache des Protestantismus sich ganz hingaben, so sehen wir auch
mehrere hessische Fürstinnen von gleichem Eifer für die gute Sache
beseelt. Philipps Gemahlin Christina, eine Tochter der Herzogs
Georg von Sachsen, eine würdige Mutter ihres Landes, führte wäh-
rend der Gefangenschaft ihres Gemahls die Regierung von Hessen,
nachdem sie zweimal fußfällig den Kaiser um Gnade angefleht hatte.
Sie hatte 1540 ihrem Gemahl die Erlaubniß gegeben, sich das edle
Fräulein von der Saal zur linken Hand antrauen zu lassen, weßhalb
diese gewöhnlich die linke Landgräsin genannt wird. Christina erhielt
von Philipp viele Briefe aus seiner Haft, welche alle mit den Worten
„liebes Weib" beginnen. Sie erlebte die Freilassung ihres Gemahls
nicht mehr, sondern starb bereits 1549 vor Gram und Sehnsucht.
8*
Barbara
Uttmann.
Hessisch-Für-
stinnen
machen sich
um die Re-
formation
verdient,
insbesondere
Christina,