1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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Zweite Periode der neueren Geschichte.
wundernswerth. Er wünschte, daß seine Nüssen selbst im Aeußern den übrigen
Europäern gleichen sollten, und verbot, wie bereits erwähnt, das Tragen
langer Bärte und Röcke. Die Frauen, welche bisher abgeschlossen und zu-
rückgezogen lebten, führte er ins Leben ein, damit sie die rohen Sitten
der Männer milderten. Während früher die Heirathen nur aus Befehl
der Eltern geschlossen worden waren und die zukünftigen Gatten sich
zuerst am Hochzeitstage sahen, verordnete Peter der Große, daß zu
einer Ehe die Bekanntschaft und freie Zustimmung der Brautleute
erforderlich sei. „Wenn ein Monarch den Namen des Großen verdient,
so ist es Peter. Er war Selbsteinrichter und Haushalter seines Reiches,
ein allenthalben umherwirkender Genius, der hier anordnete, schuf und
lenkte, dort anregte, lohnte und strafte; überall aus unermüdlicheni
Triebe er selbst, nie durch ihn ein Anderer." Seine Wißbegierde
und Wahrheitsliebe, seine rastlose Thätigkeit und Ausdauer, seine
Unerschrockenheit in Gefahren, seine Ruhe bei Widerwärtigkeiten,
seine Dankbarkeit für treue Dienste müssen auch von seinen Gegnern
lobend anerkannt werden. Freilich hatte er neben diesen großen Vor-
zügen noch größere Fehler, welche er zwar selbst kannte, aber nicht
ablegte. Er war roh und dem Trünke übermäßig ergeben, prügelte
seine Frau, seine Minister und seine Günstlinge und nahm es mit
Sitte und Anstand nicht genau. Sein zügelloses Leben bereitete ihm
körperliche Leiden, welche zuletzt durch eine heftige Erkältung unheilbar
wurden. Er starb 1725 und hinterließ außer Alepei's Sohn Peter
nur zwei Töchter, Anna und Elisabeth; seine zwei Söhne waren ge-
storben.
Nach Peters Fürst Mentschikow hatte die kaiserliche Garde für Katharina ge-
nmb Katha- Wonnen, und durch ihren Einfluß wurde sie zur Selbstherrscherin aller
rina Selbst- Reußen ausgerufen. Sie war die Tochter armer liefländischer Leib-
all^Reuße.r eigenen und nach dem Tode ihrer Eltern von einem Küster aufgenom-
men worden. Ein lutherischer Geistlicher in Marienburg erzog die
hülflose Waise mit seinen Kindern. Katharina hcirathete 1701 einen
schwedischen Dragoner, welcher seine Frau im folgenden Jahre verließ,
um in den Krieg zu ziehen. Als die Russen Marienburg erstürmten,
wurden die Einwohner zu Gefangenen gemacht. Katharina siel als
Beute dem russischen General zu, welchem die verständigen Antworten
der schönen Frau und ihr Benehmen so sehr gefielen, daß er ihr die
Aufsicht über sein Hauswesen übertrug. In gleicher Eigenschaft diente
sie hierauf in dem Hause des Fürsten Mentschikow, bei welchem der
Kaiser sie sah. Peter fühlte sich von ihrer Schönheit und ihrem Ver-
stände so gefesselt, daß er sie zu sich nahm. Sie trat zur griechischen