1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 185
Sie hatte mit ihrem Gemahle in einer überaus glücklichen Ehe gelebt,
und als derselbe 1765 starb, den Entschluß gefaßt, Aebtissin eines
adeligen Stiftes zu werden, das sie dem Andenken ihres Gatten ge-
weiht hatte. Auf dringendes Bitten ihrer Angehörigen und Räthe
hatte sie indessen diesem Plan entsagt und war wieder nach Wien
zurückgekehrt. Hier hatte die majestätische, schöne Frau das Unglück
von den damals wüthenden Blattern befallen zu werden, welche sie
gräßlich verunstalteten. Nicht minder hatte ein Sturz aus dem Wagen
ihre Züge entstellt und ihre Gesundheit untergraben; denn seitdem hatte
sie sich nicht mehr frei von Schmerzen gefühlt.
Maria Theresia zählt zu den bedeutendsten Frauen, welche eine Cbarakterund
Krone getragen haben. Ihrem Lande hat sie sehr viel Gutes erwiesen.
Nach den Stürmen des Krieges war sie emsig darauf bedacht, die dem Maria
Lande geschlagenen Wunden zu heilen, die Staatsschulden zu verringern, Th-r-sta.
Ackerbau und Gewerbe zu fördern und dem Bürger- und Bauernstände
aufzuhelfen. Sie ließ die Carolina, die hochnotpeinliche Halsgerichts-
ordnung Karls V., verbessern, von den furchtbaren Strafen reinigen
und in mildere Formen fassen. Das neue Gesetzbuch erhielt den
Namen Theresiana. Den Ungarn gab sie für ihre bewiesene Auf-
opferung und Treue alle ihre früheren Rechte wieder. Obwohl sie eine
eifrige Katholikin war, so entgingen ihr die Mißbräuche in der eigenen
Kirche nicht. Sie hob die Inquisition in Mailand auf, verbot die
Aufnahme ins Kloster vor dem 25. Jahre, schaffte das Asylrecht der
Kirchen und Klöster ab, untersagte den päpstlichen Nuntien die Reisen
in ihrem Lande und gestattete Niemanden mehr mit dem päpstlichen
Stuhle in unmittelbare Verbindung zu treten.
Kaiser Joseph Ii. (1765—1790) war in allem Guten und Edlen Kaiser
das Ebenbild seiner vortrefflichen Mutter, an Wohlwollen und an
Liebe für das Wohl seiner Unterthanen übertraf er sie noch. Bei i765-i79o
seiner natürlichen Lebendigkeit nahm er sich leider. nicht die nöthige
Umsicht und Ruhe, was Friedrich den Großen zu folgender Aeußerung
veranlaßte: „Der Kaiser hat Kopf, er könnte viel ausrichten. Schade
für ihn, daß er immer den zweiten Schritt thut, ehe er den ersten
gethan hat." Zunächst beabsichtigte er den traurigen Zustand des
deutschen Reiches zu verbessern, ward aber durch das Mißtrauen der
Fürsten daran gehindert. Dies stieg noch höher, als er den Thron-
wechsel in Baiern zur Erwerbung einiger günstig gelegenen Länder zu und sucht aus
benutzen versuchte. Nach dem Tode des trefflichen Kurfürsten Maxi- E^f^lgestrei!
milian Joseph von Baiern war nämlich die bairische Linie des Hauses Nutzen zu
Wittelsbach erloschen, und es trat die pfälzische in die Erbfolge des äiet,en'