1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Gräfin Dön-
hof abwech-
selnd eines
bedeutenden
Einflusses sich
erfreuten.
Louise Hen-
riette, die
Geniahlindes
großen Kur-
fürsten.
204 Zweite Periode der neueren Geschichte.
sichtiger Aeußerungen in Halle festgenommen und auf die alte Festung
Stolpen gebracht. Ein kleiner Garten und eine ausgewählte Bibliothek
gewährten ihr Trost in ihrer Lage, welche sie nur zu deutlich an
die Vergänglichkeit irdischen Glückes erinnerte. Nach fast 50jähriger
Gefangenschaft starb sie daselbst (1765). Die Verschwendungen am
sächsischen Hofe sollten unter August Hi. noch nicht aufhören; der
Minister Brühl, welcher den Kurfürsten zu beherrschen verstand, bezog
allein, wie schon oben bemerkt, ein jährliches Einkommen von 52,000
Thalern und ließ sich überdies vom Könige die reichsten Besitzungen
schenken. Sein Hofstaat war nicht minder glänzend, als der des Königs,
und seine Lebensweise überaus verschwenderisch. Er hielt für sich 200
Bediente und eine adelige Ehrenwache; seine Bibliothek und seine Samm-
lungen kosteten ungeheure Summen. Friedrich der Große sagte von
Brühl: „Er war der Mann des 18. Jahrhunderts, welcher die meisten
Kleider, Uhren, Spitzen, Stiefeln, Schuhe und Pantoffeln hatte. Cäsar
würde ihn zu jenen pafümirten und frisirten Köpfen gezählt haben, die
er nicht fürchtete." Die Schulden stiegen von Jahr zu Jahr, das Land
wurde fürchterlich mit Steuern geplagt.
Auch andere Höfe Deutschlands ahmten französische Sitten und
Gebräuche auf eine unrühmliche Art nach. Baiern, Hannover und
Würtemberg erlebten ähnliche Vorgänge wie Sachsen. In Würtem-
berg halfen die Gräfinnen von Urach und von Hohenheim das Mark
des Landes verzehren; sie spielten die nämlichen Rollen im Kleinen,
wie die Maintenon und Pompadour im Großen. Während selbst die
geistlichen Höfe Deutschlands von dem allgemeinen Hange zur Ueppig-
keit und Verschwendung, zum Wohlleben und Unfug fortgerissen wurden,
beobachteten der kaiserliche Hof in Wien und der brandenburgische in
Berlin größere Einfachheit und Ehrbarkeit.
Von Maria Theresia war schon oben ausführlich die Rede; wir
wenden uns darum sogleich zu den Gemahlinnen des großen Kurfürsten
von Preußen. Derselbe war zuerst mit Louise Henriette von Oranien
vermählt. Einfach und fromm erzogen, war sie zu einer blühenden
Jungfrau herangewachsen, deren Anmuth und Herzensgüte von Zeit-
genossen lebhaft geschildert wird. Sie vermählte sich 1646 mit dem
Kurfürsten und war ihm eine äußerst treue, liebevolle Gattin, welche
in echt christlicher Weise Leid und Freud mit dem Gemahle theilte.
Ihre Klugheit wußte in den schwierigsten Lagen trefflichen Rath zu
geben und machte dem sie Kurfürsten noch unentbehrlicher. Rastlos „
war sie bemüht, das Wohl des Volkes und des Landes zu fördern;
mit gutem Beispiel ging sie bei allen nützlichen Beschäftigungen und