1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution.
denselben Karoline Neuber, Louise Gottsched, Anna Louise Karsch,
Angelika Kaufmann und Elise von der Recke.
Friederike Karoline Neuber, die Tochter des Advocaten Weißen- Die Schau-
born in Neichenbach, verlor frühzeitig ihre Mutter und erfuhr von roun^Ncus'-r
ihrem Vater, der nach Zwickau übergesiedelt war, eine üble Behandlung.
Darum verließ sie mit ihrem Geliebten I. Neuber, einem Gymnasiasten
in Zwickau, das väterliche Haus und ward Schauspielerin. Da sie
namentlich in tragischen Rollen glänzte, und stehende Theater damals
noch nicht üblich waren, so begründete sie eine eigene Schauspielerge-
sellschaft, welche anfangs in Weißensels und nachher in Leipzig besonders
unter Gottscheds Protektion sich solchen Ruf erwarb, daß sie abwechselnd
in Hamburg, Braunschweig, Nürnberg, Straßburg, Frankfurt gastirte
und überall großen Beifall erntete. „Die Neuber" glaubte sich um
das deutsche Theater ein besonderes Verdienst zu erwerben, wenn sie den
Hanswurst verdrängte, welcher in Leipzig 1737 förmlich verbrannt
wurde. In dieser Blütezeit der Neuber'schen Gesellschaft nahm Karo-
line Neuber einen Ruf nach St. Petersburg an, der ihr aber durch den
rasch erfolgten Tod der Kaiserin Anna zum Verderben gereichte. Sie
kehrte zwar nach Leipzig zurück, fand aber den Beifall nicht wieder wie
früher und entzweite sich noch obendrein mit Gottsched. Alle ihre An-
strengungen sich wieder emporzubringen waren fruchtlos. Als sie 1745
nach Frankfurt ging, um sich die Kaiserkrönung Franz I. zu Nutze zu
machen, hatte sie kein Glück, da schon andere italienische, französische
und deutsche Gesellschaften eingetroffen waren. Unter den traurigsten
Verhältnissen starb sie endlich 1760 im 60. Lebensjahre in Laubegast,
einem Dorfe unweit Dresden.
Louise Adelgunde Victorie Gottsched war die Tochter des königlich Louis-
polnischen Leibarztes Kulmus und 1713 zu Danzig geboren. Sorg- ®Dtt^eb-
sättig unterrichtet und gut erzogen, wie wenige Frauen jener Zeit, ver-
mählte sie sich 1735 mit Gottsched, mit dem sie in poetischer Frucht-
barkeit wetteiferte. Obwohl sie aber die Vorlesungen ihres Gatten
anhörte und viel schrieb, vergaß sie doch ihre Pflichten als Gattin und
Hausfrau nicht. Sanftmuth, Bescheidenheit und Gefühl für Liebe und
Freundschaft sind die hervorstechendsten Züge ihres Charakters. An
Geist, Geschmack und Takt übertraf sie ihren gelehrten Gemahl, aber
die Pedanterie und Langweiligkeit ihrer Dramen hat sie mit ihm ge-
mein. Sie verstand die alten und neuen Sprachen, trieb Geschichte
und Geographie, erwarb sich in der Musik und im Zeichnen bedeutende
Fertigkeiten und vervollkommnete sich durch ausgewählte Lektüre so sehr,
daß ihre geistige Ausbildung unsre ganze Bewunderung verdient.
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