1868 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
224
Dritte Periode der neueren Geschichte.
Ludwig Xvi.
wird vom
Nationalcon-
vent zum
Tode ver-
urtheilt
müthige Sprache erbitterte das französische Volk auss äußerste.
Alles strömte zu den Fahnen, um dem Auslande das Recht zu be-
streiten, sich in die inneren Angelegenheiten Frankreichs zu mischen.
Bei St. Menehould (S. 220) hemmte Dümouriez, der französische
Führer, die Fortschritte der Preußen und ihrer Verbündeten und zwang
sie zu einem unglücklichen Rückzug. Ungünstige Witterung und schlechte
oder kärgliche Nahrung hatten die Ruhr im deutschen Heere verbreitet
und solche Entmuthigung hervorgerufen, daß man alle Eroberungen
wieder aufgeben mußte. Der französische General Cüstiue eilte, von
der günstigen Stimmung der Rheinländer für die Freiheit unterrichtet,
über Speier und Worms nach Mainz, bekam diese wichtige Festung
in seine Gewalt und eroberte auch Frankfurt (1792). Aber von hier
ward er durch die Hessen und Preußen bald wieder vertrieben und
kehrte über den Rhein zurück. Da der König von Sardinien sich den
Verbündeten angeschlossen hatte, so nahmen ihm die Franzosen Nizza
und Sardinien weg.
Die Jakobiner, über die Siege ihrer improvisirten Krieger, welche
mit der kältesten Todesverachtung pfeifend und singend sich in das
Gewühl der Schlachten gestürzt hatten, noch kühner gemacht, leiteten
nun, um Ludwig auf das Schaffot zu bringen, einen Prozeß gegen
denselben ein. Sie klagten ihn des Verrathes und der Verschwörung
gegen Frankreich an. Die Häupter der Jakobiner, Robespierre, Danton,
Marat, Pethion und Andere forderten nach dem ersten Verhöre, in
welchem Ludwig auf eine lange Anklage bezüglich des ihm zur Last
gelegten heimlichen Einverständnisses ruhig und klar geantwortet hatte,
man solle augenblicklich das Todcsurtheil aussprechen; allein die Giron-
disten setzten es durch, daß dem Könige zuvor ein Rechtsbeistand ge-
währt wurde, welcher ihn vertheidigen solle. Ludwig wählte sich den
berühmten Rechtsgelehrten Trouchet; ein früherer Minister, Malesherbes,
schon in hohem Greisenalter, bot ihm freiwillig seine Dienste an, und
beide nahmen den jungen talentvollen Deseze zum Gehilfen. Am
26. Dezember wurde der König nebst seinen Vertheidigern vor den
Convent gefordert. Malesherbes konnte vor Rührung nicht sprechen;
aber Deseze schilderte die Unschuld des Königs mit solcher Klarheit
und Beredtsamkeit, daß ein günstiger Erfolg erwartet wurde. Allein
der Tod des Königs war von den Jakobinern schon im voraus be-
schlossen worden. Der Kampf der Parteien über die Art und Weise
der Verurtheilung währte mehrere Tage und Nächte. Das bestehende
Gesetz, nach welchem ein Angeklagter nur durch zwei Drittel der
Stimmen zum Tode verurtheilt werden konnte, wurde aufgehoben und