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1. Geschichte des Mittelalters - S. 236

1867 - Mainz : Kunze
236 Vierte Periode des Mittelalters. Die Frauen gewinnen bet Hofe durch Anna vonbretagne eine einfluß- reiche Stel- lung. trug, und zum großen Jubel ein zärtliches Lied auf die Neuvermählte sang. Endlich erschien ein Kameel mit einem Sarazenen, welcher beim Herumreiten allerlei ausländische Vögel aus einem Korbe zog und auf die Tafel warf. Mau nannte dergleichen Schauspiele Entremets. Am dritten Tage des Festes kam ein Thurm, aus dessen.fenstern 6 Bären den Baß brummten, denen 12 Wölfe und Böcke mit Pfeifen und Flöten und dann Esel folgten, die köstlich sangen. Dann tanzten die Affen einen maurischen Tanz um den Thurm. Hiernach folgte ein Wall- fisch, aus dem 12 wilde Männer sprangen und mit einander kämpften. Wie die Straßburger Chronik erzählt, trugen Carl und Margaretha goldene Kleider; auch war der Festsaal mit goldenen Tüchern behängen. Das Essen wurde täglich auf 800 großen silbernen Platten aufge- tragen^). Die Veränderungen im Hofleben übten auch Einfluß auf die Stellung des weiblichen Geschlechts. Früher waren die Frauen in einer dem Manne mehr untergeordneten Stellung gewesen, wie das ans manchen Gebräuchen ersichtlich ist (S. 165). Könige gingen ihren Bräuten und Frauen nur bis an die Treppe oder das Thor entgegen, wo diese niederknieten. Wollten die Frauen Etwas erbitten, so redeten sie erst, wenn sie knieten. Sie redeten den König mit „Monseigneur“ an; die Frauen wurden nicht Madame, sondern Dame genannt. Erst im 15. Jahrhundert wurde Madame die ehrende Bezeichnung einer Rittersfrau; solche, deren Männer noch nicht den Ritterschlag empfangen hatten, wurden Dainoiselles ober Denioiselles angeredet. Als Ludwig Xi. als Dauphin 1456 bei Philipp von Burgund Schutz suchte, kamen dessen Gemahlin und Schwiegertochter ihm bis aus äußerste Schloß- thor entgegen und knieten vor ihm nieder. Philipp bot der Herzogin den Arm, allein sie lehnte diese ihr nicht gebührende Ehre ab, führte ihn in seine Gemächer und verbeugte sich tief, als sie sich von ihm ver- abschiedete. Dies änderte sich vorzugsweise durch Anna von Bretagne, die Gemahlin der französischen Könige, Carls Viii. und Ludwigs Xii. Sie behielt zunächst die Einkünfte und Verwaltung ihres Erblandes für sich und sah auf eine glänzende Hofhaltung, welche der ihres Gemahls *) Uebrigens herrschte im Allgemeinen im 15. Jahrhundert bei allen Hoch- zeiten eine verschwenderische Pracht und Ausgelassenheit. 1493 feierte der Bäcker Veit Gundlinger zu Augsburg die Hochzeit seiner Tochter. An 60 Tischen speisten 720 Hochzeitsgäste; an jedem Tische saßen 12 Männer, Junggesellen, Frauen oder Jungfrauen. Die Hochzeit dauerte 8 Tage, es wurde so gegessen, getrunken, getanzt und geneckt, daß ain 7. Tage schon Viele wie todt hinfielen-
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