1854 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Wangemann, Ludwig
- Sammlung: Fibeln vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
180 —
17. Die faule Grete
(Ein B ild von den Z u st and en einzelner Staaten im Mittelalter.)
In der letzten Zeit der Regierung des Jobst von Mähren war
der Zustand der Mark Brandenburg immer trauriger geworden. Die
von Adel, und besonders die Quitzows bansten darin ganz nach eigenem
Gefallen. Zwar konnte man nicht sagen, daß sie Räuber gewesen
wären; nein, es geschahe Alles in ordentlicher Fehde, wie man's nannte.
Aber wenn sie Lust hatten, einer Stadt abzusagen, d. i. Fehde anzu-
kündigen, so war ein Vorwand bald gefunden. Dann raubten sie die
Viehheerden, überfielen die Waarenzüge, nahmen die Leute, welche sich
außerhalb der Mauern zeigten, gefangen, ließen sich schweres Lösegeld
für ihre Freilassung zahlen, erstürmten die Städte, pochten sie aus und
steckten sie wohl gar in Brand. Längst war das gute Einvernehmen
geschwunden, in welchem Dietrich von Quitzow mit den Ständen und
mit der Stadt Berlin gestanden hatte- und allgemein betrachtete man
ihn und seinen Anhang als die Plage und den Schrecken des Landes.
Vergeblich drangen die Stände in Jobst, dem Unwesen zu steuern; sie
gingen sogar so weit, daß sie beschlossen, ihm gar keine Gelder mehr
zukommen zu lassen. Zwar versprach er dann, ihrem Willen nachzu-
kommen z hatte er aber erst das Geld, so ging er damit nach Mähren
und ließ die Ritter machen, was sie wollten. Diese scheuten ihn daher
auch nicht im Geringsten. Unter seinen Augen nahmen die Quitzows
die Stadtkind das Schloß Köpenick weg, und überfielen den Herzog
Johann von Mecklenburg-Stargard und steckten ihn in einen schauer-
lichen, tiefen Thurmkerker zu Plaue, wo er Jahre lang sitzen mußte.
Sie wußten nur zu gut, daß Jobst ihrer nicht entbehren konnte. Denn
wenn er Geld brauchte — und das war sehr oft der Fall —, so
wandte er sich gewöhnlich an die Quitzows. Diese gaben ihm die ver-
langten Summen, und er verpfändete ihnen dafür Städte und Schlösser.
Auf diese Weise und durch ihre Eroberungen waren die Quitzows end-
lich zu außerordentlicher Macht gelangt. Sie besaßen an 24 Städte
und Schlösser, und fast das ganze Havelland befand sich in ihren und
ihrer Freunde Händen.
Freudig ward Friedrich l von den Städten und Ständen aufge-
nommen, als er im Sommer des Jahres 1412 in der Mark erschien.
Alle begrüßten ihn als den Retter des Landes, und gern leisteten sie
ihm den Eid der Treue. Er gebot nun sogleich einen Landfrieden und
also auch dad Aushören des wilden Fehdewesens, und machte es den
Rittern zur Pflicht, die Städte und Schlösser, welche ihnen verpfändet
worden waren, gegen Empfang der Pfandsumme wieder herauszugeben.
— Aber Dietrich und Johann von Quitzow, Caspar Gans von Put-
litz, Wichard von Rochow und Achim von Bredow, diese fünf ver-
banden sich gegen den neuen Landesherrn. „Und wenn es das ganze
Jahr Burggrafen vom Himmel regnete, so sollten sie dennoch in der
Mark nicht auskommen," — sagten sie, rückten im Bunde mit den