1854 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Wangemann, Ludwig
- Sammlung: Fibeln vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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Holm gebracht. Gustavs goldne Kette und sein blutiges Koller, welches
ihm von den Kroaten ausgezogen worden war, sandte Wallenstein als
Siegeszeichen dem Kaiser Ferdinand. Wangemann.
20. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst.
(Von 1640 bis 1688.)
1. Wie er seinem Lande aufhilft.
Zweiundzwanzig Jahre hatte der dreißigjährige Krieg auf Deutsch-
lands Fluren gewüthet, da starb im Jahre 1640 der alte Kurfürst
Georg Wilhelm von Brandenburg und hinterließ die Negierung
seines unglücklichen Landes seinem Sohne Friedrich Wilhelm. In
Wahrheit konnte man damals von dem jungen Fürsten sagen: „Herr-
scher ohne Land, Kurfürst ohne Macht, Erbe ohne Erbtheil." Denn
von den Städten und Dörfern, die unter der treuen Pflege seiner Ahnen
in der Mark Brandenburg und in den dazu gehörigen Ländern erblüht
waren, (er war der elfte Kurfürst aus dem Hause Hobenzollern) sah
man jetzt nur noch die wüsten Brandstätten, die Zeugnisse des furcht-
baren Krieges. Die wenigen Bewohner, welche sich vor den entmensch-
lichten Kricgshorden gerettet, hatte die zu jener Zeit auch in Branden-
burg wüthende Pest hinweggerafft. Daher kam es denn, daß das
Land einer Wüste glich. Auf 10 Meilen weit war oft kein Haus und
kein Mensch anzutreffen. Da, wo früher blühende Ortschaften mit
ihren wohlangebauten Fluren lagen, hausten jetzt im aufgesprossenen
Gehölz wilde Thiere Die Stadt Berlin hatte noch 300 Einwohner *).
Der König von Polen sah die jetzige Provinz Preußen, die damals
schon zu -Brandenburg gehörte, als sein Herzogthum an. In den west-
pbälischen Besitzungen lagen Spanier und Holländer, und sogen durch
Kriegssteuern das Land aus. Das Heer bestand aus 2000 Mann **),
auf deren Treue der junge Fürst nicht einmal rechnen konnte; eine
Mietblingsschaar, die, wenn sie bezahlt wurden, eben so bereit waren,
mit des Kurfürsten Feinden gegen ihn als für ihn zu kämpfen. Dazu
kam, daß ein Mann in seiner unmittelbaren Nähe war — der Rath-
geber und Minister seines Vaters, der Fürst Schwarzenberg — der
seit Jahren schon nichts Geringeres erstrebte, als nach dem Tode des
alten Kurfürsten für sich mit Hülfe des Kaisers den Kurbut zu er-
werben. Friedrich Wilhelm kannte nicht nur diese Pläne, sondern wußte
auch, daß jener im östreichischen Solde stand und daß er seine Stel-
lung nur benutzt hatte/ dem Kaiser zu dienen, nicht aber des Landes
Wohl zu fördern. Trotzdem mußte er den untreuen Diener, der sich
einen mächtigen Anhang im Lande verschafft hatte, in seinen Würden
lassen, bis er sich ein neues Heer geworben; dann aber gab er plötz-
*) Jetzt bald 500,000 Einw.
**) Die Zahl der Wehrfähigen und Wehrpflichtigen beläuft sich in Preußen
jetzt auf 2 Millionen, wovon stets ein Viertel zum Kriegsdienst ausgewählt
und ausgebildet wird.