1854 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Wangemann, Ludwig
- Sammlung: Fibeln vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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nicht gerüstet. Blitzschnell drang er in Sachsen ein, und damit begann
ein siebenjähriger Krieg, welcher von 1756 bis 1763 dauerte.
Ganz Europa mit 500.000 Mann Kriegern kämpfte gegen den
einzigen König von Preußen; denn auch die übrigen deutschen Für-
sten, außer Braunschweig, Hessenkassel und Gotha, hielten den Einfall
in Sachsen für einen Friedensbruch und erklärten sich gegen Friedrich.
Jedermann hielt den König von Preußen für verloren, und die Feinde
hatten schon eine Theilung seiner Länder unter sich verabredet. Doch
hier zeigte es sich, was ein kleines Volk vermag, wenn es mit voller
Liebe an seinem Fürsten hängt, und wenn der Fürst ein Mann ist, wie
Friedrich Ii., der Einzige. In dem Kampfe mit der Uebermacht
zeigte der große Preußen-König, daß er in Wahrheit ein Held war.
8. Im ersten Jahre des Krieges 1756 nahm er die ganze säch-
sische Armee, 17,000 Mann stark, bei Pirna gefangen. Die Oestreicher,
welche den Sachsen zur Hülfe eilen wollten, schlug er.
Im folgenden Jahre 1757 besiegte er sie abermals bei Prag.
Doch tbeuer mußte der König hier den Sieg erkaufen; denn 16,500
Preußen lagen nach der Schlacht todt oder verwundet auf dem Schlacht-
felde. Außerdem verlor er in dieser Schlacht einen seiner besten Feld-
herrn, den er herzlich liebte, den alten 73jährigen Helden S ch w er i n.
Als ganze Reihen von seinen Soldaten durch die feindlichen Kugeln
niedergerissen wurden und die Schlachtordnung zu wanken begann, er-
griff der greise Held die Fahne „Mir nach meine Kinder!" rief er
und führte die Seinen wieder gegen die Feuerschlünde der Oestreicher,
aber bald sank er, von vier Kugeln durchbohrt, zusammen. ■—
Während sich Friedrich noch mit den Oestreichern herumschlug,
rückten auch die anderen Feinde in die preußischen Länder ein. Die
Schweden trieb jedoch der General Lehwald zurück, und auch die
Russen wurden aufgehalten. Die Franzosen drangen aber in Verbin-
dung mit den Reichstruppen bis in die Nähe von Merseburg vor.
Ihr Heer war 60,000 Mann stark.
Friedrich konnte nur mit 22,000 Mann dem Feinde entgegen
gehen. Bet dem Dorfe Roßbach in der Nähe von Weißenfels traf
er auf denselben. Die Franzosen waren des Sieges schon gewiß. Da-
mit ihnen das preußische Häuflein ja nicht entgehen möge, zogen sie
unter lustigem Trompetenschalle an dem Hügel vorüber, auf welchem
die Preußen standen, um ihn von allen Seiten einzuschließen. Der Kö-
nig saß mit seinen Generalen an der Tafel, als wäre er mitten im
Frieden im Lustschlosse zu Potsdam, und die Soldaten verzehrten wie
ihr Meister ebenfalls ruhig aus ihren Feldkesseln das Mittagsbrot und
schienen gar nicht an Kamps zu denken.
Der Feind wußte gar nicht, was er dazu sagen sollte, doch ihr
Erstaunen sollte bald noch größer werden. Wie durch Zauberei waren
plötzlich Kessel und Zelte verschwunden, wie aus der Erde geschossen t
standen die Krieger in Reihe und.glied, und in demselben Augenblicke
donnerten auch schon die preußischen Batterien und streckten Reihen der