1843 -
Potsdam
: Riegel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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Will. Ei, das versteht sich, die letzte!
Witt. Aber, so ganz war er mir doch nicht recht, der Herr
Tamm. Denn er sagte auch: »Viel Geld!« wenn er den Ar-
men oder der Obrigkeit gab, und da hätte er nur immer sprechen
mögen, wie der Herr Grell, mein anderer Nachbar. — Ich,
Herr Will, der ich zwischen den beiden Redensarten mitten inne
wohnte, ich habe mir beide gemerkt, und da spreche ich nun, nach
Zeit und Gelegenheit, bald wie der Herr Grell und bald wie der
Herr Tamm.
Will. Nein, bei meiner Seele! Ich halt'6 mit Herrn Tamm.
Das Haus und das Waarenlager gefällt mir.
Witt. Er wollte also?
Will. Viel Geld! viel Geld, lieber Herr Witt! Ganzer
einhundert Reichsthalcr!
Witt. Sieht er, Herr Will? Es wird schon werden. Das
war schon recht. — Wenn man von einem Freunde borgt, so
muß man sprechen, wie der Herr Tamm, und wenn man einem
Freunde aus der Noth hilft, so muß man sprechen, wie der
Herr Grell. (Enge,.)
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Iii. Die Krone des Alters.
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28>en der Schöpfer ehret, warum sollten den nicht auch Men-
schen ehren? Ans des Verständigen und Tugendhaften Haupt ist
graues Haar eine schöne Krone.
Drei Greise feierten zusammen ehr Jubelfest, und erzählten
ihren Kindern, woher sic so alt geworden.
Der eine, ein Lehrer und Priester, sprach: »Nie kümmerte
mich, wenn ich zu lehren ausging, die Länge des Weges; nie
schritt ich anmaßend über die Häupter der Jugend hinweg, und
hob die Hände nie auf zum Segnen, ohne daß ich wirklich segnete
und Gott lobte; darum bin ich so alt geworden.«
Der andere, ein Kaufmann, sagte: »Nie habe ich mich mit
meines Nächsten Schaden bereichert; nie ist sein Fluch mit mir zu
Bette gegangen, und von meinem Vermögen gab ich gern den Ar-
men; darum hat mir Gott die Jahre geschenkt.«