1843 -
Potsdam
: Riegel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
22
Blau der Luft weniger rein und mehr mit Weißem gemischt er-
scheint, als im Süden und in der Höhe. In der Mitte Europa's,
im nordöstlichen Deutschland, hat der unumwölkte Himmel unge-
fähr die Farbe des Vergißmeinnicht, im südlichsten Europa kommt
das Blau desselben der Farbe der Kornblumen nahe, während es
im Norden wiederum viel heller, als in der Mitte, und mehr mit
Weißgrau gemischt ist. Geht man von Osten gegen Westen, so
findet man den Himmel im Westen bewölkter, als im Osten, und
die Luft hier trockener, als dort; denn die luftdurchziehenden Wol-
ken bewegen sich in Europa vorzugsweise ostwärts, lagern im ge-
birgigen, südlichen Europa an die hoch emporragenden Gebirge sich,
diesen unerschöpflichen Vorrath, unzählige Quellen zu nähren, mit-
theilend, oder treffen, wenn sie zum Theil über das niedrige Mit-
tel-Europa hinweg gezogen, im westlichen Rußland und östlichen
Polen mit den trockenen Ostwinden zusammen, entladen sich in die-
ser stachen Gegend, überschütten sie mit Feuchtigkeit und verwan-
deln sie in ein großes Bruch. So wie höherer Stand der Sonne,
Lichtfülle und Farbenreichthum vom nördlichsten Theile bis in die
Enden der südlichsten Halbinseln zunehmen, ebenso nimmt auch im
Allgemeinen die mittlere Iahreswärme, die längere Dauer der hei-
ßen Jahreszeit von Norden gegen Süden zu. Das östliche Europa
ist um so kälter, je näher cs der Grenze Asiens liegt, und so fin-
den wir, daß Orte im westlichen Europa, welche unter gleicher
Breite mit Orten im östlichen Europa liegen, ein viel milderes
Klima haben, als diese.
Sieht man auf die Wärmeunterschiede der verschiedenen
Tageszeiten, so findet man, daß in Europa die niedrigste
Temperatur etwa um 5 Uhr Morgens (im Winter, je nach-
dem die Tage kürzer find, später, im Sommer, wenn sie länger
find, früher) statt findet, das ist etwas vor Sonnenaufgang. Die
höchste Temperatur bemerken wir zwischen 2 und 3 Uhr Nach-
mittags. Die tägliche Wärme ist also, von etwas vor Son-
nenaufgang an, im Durchschnitt neun bis zehn Stunden
im Steigen, und fällt dann, nachdem sie Nachmittags den
höchsten Stand erreichte, wieder vierzehn bis fünfzehn Stun-
den. Die mittlere Temperatur des Tages findet man
so ziemlich um 9 Uhr Vormittags und 8 Uhr Abmds. Beob-
achtet man den Gang der Wärme und Kälte nach den
einzelnen Monaten, so findet man, daß die Monate April