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1. Für Schüler von 13 bis 16 Jahren - S. 178

1843 - Potsdam : Riegel
178 vinz von Deutschland kann sich an Fruchtbarkeit mit der Lombar- dei, diesem Getreideboden des europäischen Südens, messen, und doch ist nirgend in Deutschland der Landmann so arm und elend, als dort. Es geht dem Reisenden nahe, wenn er durch den blü- henden Garten der Lombardei fährt, und bedenkt, daß auf diesem fruchtbarm Boden der Straßenraub zu Hause ist, und daß hier seit Jahren das standrechtliche Verfahren, diese Nothwehr des Staates gegen die wildeste Entartung und Verschlechterung seiner Bürger, nicht aufgehoben werdm konnte. In diesen Gegendm (Tyrols) drängt sich mir ewig die Ver- gleichung jenes Theils von Italien, den wir durchreisten, mit die- sem Lande auf. Um wieviel schöner und erhabener ist die Natur zwischen diesen Bergen, und um wieviel besser der Mensch! Mit jedem Schritte, den die Pferde machen, laufen neue Gegenstände vor dem Wagen vorüber; jede Viertelmeile bringt uns in eine andere Landschaft, und wenn man Abends in der Nachtstation ein- trifft und zum Fenster hinaussieht, ist man in einem fremden, nie gesehenen und dem vorigen ganz unähnlichen Lande, daß man es kaum begreift, wie so wenige Meilen einen so weit bringen konn- ten; während man dort von Pavia bis zum adriatischen Meere ohne Wechsel der Umgebung fährt, und nur die veränderten Alpen- gruppen am nördlichen Horizonte sind die Meilenzeiger, an denen man es erkennt, daß man weiter gekommen ist. Und wie mir die Menschen so verschieden vorkommen von jenen; so rechtlich, emsig, haushälterisch und treu gesinnt! Ist cs der vaterländische Geist, der mich aus diesen Gesichtern so sehr anspricht, oder ist es die offene Biederkeit und der arglose Sinn, die mich ihnen so verbrü- dern? Ich weiß es nicht; aber das fühle ich deutlich, daß ich hier mit dem gemeinen Landmanne, der mir auf der Straße begegnet, Brüderschaft trinken könnte, während ich dort ohne Vorurtheil aus dem gemeinen Mann immer den Banditen Herausblicken sah. Selten bettelt mich hier jemand an, und wenn es geschieht, so ist es ein Mensch, dem man willig giebt, weil sein hölzernes Bein oder feine grauen Haare Zeugniß genug davon geben, daß ihm, vom Schicksale verwaiset, keine Ansprüche mehr geblieben sind, als die schmerzlichen, auf die Gabe fremdm Mitleids. (I. Kr.il.)
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