1843 -
Potsdam
: Riegel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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Xxxv. Der hohe Staufen.
In der Mitte des schwäbischen Landes, fast gleich weit vom Rhein,
Lech und dem Bodensee entfernt, erhebt sich der hohe Staufen, ein
kegelförmiger Berg, auf dessen Gipfel einst das Stammhaus der
schwäbischen Herzoge und Kaiser gestanden. Weithin ist des Ber-
ges Haupt sichtlich, und du magst kommen, von welcher Richtung
du willst, so beut es dir seinen kahlen Scheitel entgegen. Es be-
herrscht eben so die Gegend und die niedern Berge, wie die mäch-
tige Regentenfamilie, die einst hier häufele, die niedern Geschlechter
und die Landschaft umher beherrscht hat. Der baumlose Gipfel
des Berges gewährt eine herrliche Aussicht. Gegen Süden über-
sieht man die rauhe schwäbische Alp mit ihren begrünten Höhen
oder zackichten Felsen; hinter ihr ragen in weiter bläulicher Ferne,
wie Wolken am Horizont, die Schnecgebirgc Tyrols und Helve-
tiens hervor. Gegen Westen erblickt man die schönen Gegenden,
die der Neckar durchströmt, das reiche württembergische Unterland,
das Schwarzwalder Gebirg und, dem Auge nur bei dem hellsten
Himmel sichtbar, die Berge Lothringens. In einem schönen Halb-
kreise gelagert, von Nordwest bis Nordost, von der Mündung des
Neckars bis zum Ausfluß des Lechs, begrenzen die schwarzen lim-
burgischen und fränkischen Waldungen den Horizont, und ver-
hindern die weitere Aussicht. Dies sind die äußersten Linien des
Kreises, von dem dieser Berg der Mittelpunkt ist. Aber innerhalb
dieses Kreises, welch eine bunte Landschaft, welch schönes Gemälde!
wie abwechselnd Thal und Berg, Wälder, Fluren und Flüsse!
welche Menge von Höfen, Dörfern und Städten, die allenthalben,
bald mehr, bald minder versteckt, mit ihren Thürinen und schim-
merndm Dächern und Zinnen einem ungemein heitern Anblick ge-
währen. Ganz nahe, dem Anschein nach nur einen Steinwurf
weit, liegt am nördlichen Fuße des Berges die Stadt Gemünd,
ehemals ein Eigenthum des Hohenstaufischen Hauses, die aber nach
K^nradins unglücklichem Tode die Reichsfreiheit sich erwarb. Eben
so nahe, nur auf des Berges südlicher Seite, breitet sich in einem
fruchtbaren Thale das schöne württembergische Städtchen Göppin-
gen aus, das gleichfalls zu dem Besitzthum der Hohenstaufischen
Familie gehörte. Das frohe Gefühl, in das den Beschauer die
lebendige Gegenwart versetzt, wird getrübt bei dem Anblick so vie-
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