1831 -
Brandenburg
: Wiesike
- Autor: Rochow, Friedrich Eberhard von
- Hrsg.: Türk, W. E. von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Himmel wirb wiedet sichtbar; die Sonne scheinet avfs
Neue — ihre Strahlen brechen sich an den Tropfen,
die an den Zweigen der Bäume, an den Grashalmen
hängen — sie spielen die schönen Farben des Regenbo-
gens, der am Himmel glänzt.
Die welken Blumen und Gräser erheben sich wie-
der: die Blatter der Bäume sind mit einem frischen
Grün bekleidet — die Vögel kommen aus ihren Schlupf-
winkeln hervor —- sie freuen sich der erquickenden Kühle
— ihr Gesang verkündiget ihre Freude. Die Schmetter-
linge flattern wieder zu den neu belebten Blumen. Al-
les ist erquickt, erfrischt, neu belebt — alles wächst und
gedeihet.
Munter eilt der Landmann mit der Sichel auf die
buntfarbigen Wiesen. Mit geschäftiger Hand mäht er
das Gras und die duftenden Blumen ab; schnell trock-
net sie die Sonnenwärme; mit dem Rechen kehrt er das
abgemähete Gras um, damit auch die untere, noch feuchte
Seite des Grases von den Sonnenstrahlen getrocknet
werde. Am andern Tage kehrt er wieder, und bringt
das halb getrocknete Gras erst in kleine, dann in grö-
ßere Haufen. Schon von ferne riechen wir dann das
angenehm duftende Heu. Bald kehrt er zum dritten-
mal wieder, auf Wagen, mit Ochsen bespannt, alle,
Vater, Mutter und Kinder, Knechte und Mägde laden
jetzt mit Heugabeln die großen Heu-Haufen auf den
Wagen; sie thürmen es hoch in die Höhe; — fröhlich
und singend fahren sie, auf weichem Heu gelagert, heim,
und füllen die Scheunen mit reichem Vorrath für den
langen unfruchtbaren Winter.
Späterhin eilt alles zu den reichen Kornfeldern;
von der Last der goldenen Aehren beugen sich die Halme
zur Erde; mit der frisch geschärften Sichel schneiden sie
die Halme ab, und binden sie in Garben. Auch zu den
Garben kehren sie wieder, sie zu wenden, damit sie auf
allen Seiten von der Sonne getrocknet werden. Jetzt
beladen sie den Aernte - Wagen mit den schweren Gar-
den, dem Lohne ihres Fleißes. Es freuet sich der flei-
ßige Landmann der gesegneten Aernte. Kaum reichen
die Scheunen hin, den ganzen Reichthum zu fassen.
Täglich besucht der Winzer seinen Weinberg; sorg-
fältig unterstützt er die schwerbeladenen Reben: er schnei-