1868 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Büttner, Adolf
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 20
- Sammlung: Fibeln vor 1871
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Geschlecht (WdK): koedukativ
für die Armen und nächst dem Brote für uns Alle die gewöhn-
lichste Nahrung ist. Sie wächst überall, lohnt reichlich und be-
darf keiner großen Pflege. Es müßten Wohl viele Menschen
verhungern, wenn ein Jahr einmal keine Kartoffelernte brächte.
Die Kartoffelstaude wächst aus einer Setzkartoffel, auch wohl
ans einer Hälfte derselben oder gar aus einem bloßen Auge.
Das Setzen der Kartoffeln geschieht entweder gleich hinter dem
Pfluge her, oder indem man reihenweise Löcher in die Erde
hackt. Hierauf läßt man sie wachsen, bis das Kraut etwa Hand
lang ist, dann müssen sie gehackt und gehäufelt werden. Wem
das Bücken zu beschwerlich wird, und wer die Hacke nicht ge-
braucht, der wird nicht viel Kartoffeln erhalten. — Die Blüthe
ist bald weiß, bald roth, bald blau, wie ja auch die Kartoffeln
selbst verschiedene Farben haben. In dem Monat August werden
die Frühkartoffeln reif; aber man muß sich sehr hüten, sie all-
zufrüh zu genießen; denn unreife Kartoffeln sind giftig. Gegen
den Michaelistag fängt man an, alle Sorten Kartoffeln auszu-
machen. Das Kraut ist dann größtentheils abgestorben, und die
Blätter sehen bisweilen schon schwarz aus. Alt und Jung zieht
auf den Kartoffelacker, um die Knollen einzusammeln. Von dem
Kartoffelkraut machen die Kinder Feuer an; denn es ist um diese
Zeit schon kalt. Auch brät man sich einige Kartoffeln in der
heißen Asche. Am Anende kommt ein Wagen, um die gefüllten
Kartoffelsäcke abzuholen. Zu Hause werden sie oft noch in:
Dunkeln in den Keller geschüttet. Denn die Kartoffel kann den
~ ' ' n; gefrorne Kartoffeln schmecken widerlich
Nun ist für den Winter gesorgt. Die Kartoffeln werden
mit der Schale gekocht, oder inan schält sie roh und macht Ge-
müse, Brei und Suppe daraus. Schön schinecken sie gebraten,
als Salat, in Kartoffelklößen und Kartoffelknchcn. Auch unter
das Brot werden sie gebacken.
Dazu kommt, daß die Kartoffeln auch zinn Futter für das
meiste Vieh dienen. Es ist also ein großer Segen, daß uns
Gott die Kartoffeln so reichlich wachsen läßt.
Aber der Branntwein aus Kartoffeln gehört nicht zum
Segen. Er ist ein Gift. Wer dasselbe in Menge genießt, wird
berauscht oder betrunfen. Ein betrunkener Mensch weiß nicht,
was er redet und thut. Er ist oft wie ein unvernünftiges Thier.
Wer sich täglich betrinkt, wird zuletzt dumm und träge, er ver-
fällt in mancherlei Krankheiten, und das Ende ist Verachtung
und ein frühzeitiger Tod. Ordentliche Kinder gehen einem Be-
trunkenen aus dem Wege. Sie laufen ihm nicht nach und
Lotten seiner nicht, sondern sic betrüben sich über den unglück-
lichen Menschen und gehen still ihres Weges.