1868 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Büttner, Adolf
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 20
- Sammlung: Fibeln vor 1871
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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119. Der Hengst und die Wespe.
Eine kleine Wespe stach einen Hengst. Er schlug dar-
nach. Doch die kleine Wespe sprach: „Liebes Hengstchen,
nur gemach! denn ich sitz’ am sichern Orte; glaube mir, du
triffst mich nicht.“ Endlich giebt er gute Worte. Und die
kleine Wespe spricht: „Sanftmuth findet doch Gehör; sieh,
nun stech’ ich dich nicht mehr.“
120. Die Kuh.
Die Kuh ist nicht so schön, wie das Pferd. Ihr Rumpf
ist dick und plump. Am Halse zieht sich bis zur Brust herab
eine schlaffe Haut, die man Wamme nennt. Der Kopf trägt
runde, gebogene Hörner, hat eine breite Stirn, abstehende
Ohren, etwas trübe Augen und ein grosses Maul. An den
Füssen hat die Kuh gespaltene Hufe, und ihr langer Schwanz
ist am Ende mit einem Haarbüschel versehen. Von ihrer
Schönheit ist also nicht viel zu sagen. Und doch gewährt
ein Stall mit weissen, rothen, schwarzen und gefleckten Kühen
einen ganz hübschen Anblick, wenn nur die Magd Stall und
Kühe reinlich hält. Gar lieblich ist’s auch, eine Heerde Kühe
auf der Wiese, im Walde oder am Bergeshange weiden zu
sehen und am Geläute ihrer Glocken sich zu erfreuen. Wenn
die Kuh ihre Nahrung zu sich genommen hat, legt sie sich
nieder und bringt die Speise wieder in’s Maul und kaut sie
in aller Ruhe und Gemüthlichkeit noch einmal. Dies nennt
man wiederkäuen.
Wir schätzen die Kuh, weil sie so grossen Nutzen bringt.
Sie giebt uns süsse Milch, aus welcher Butter und Käse be-
reitet wird, und ihr Dünger macht die Felder fruchtbar.
Geschlachtet nützt sie uns durch ihr kräftiges Fleisch. Ihr
Fell wird zu Leder gegerbt, ihre Haare gebraucht man zum
Polstern, den Talg zu Lichten und Seife. Selbst die Hörner
werden benutzt, man verarbeitet sie meistens zu Kämmen.
121. Fürsorge eines Hundes für einen andern.
Der Wundarzt Morand in Paris nahm einen Hund, der
den Fuß gebrochen hatte, aus Gefälligkeit gegen den Eigenthü-
mer desselben zu sich und heilte ihn. Nach einiger Zeit kratzte
es an der Thüre Morands, und als dieser öffnete, trat der ge-
heilte Hund mit einem andern ein, der ebenfalls den Fuß ge-
brochen hatte und sich mühsam seinem Führer nachschleppte.
Morand bewunderte die Klugheit seines früberen Patienten, der
den Wunsch, seinen Kameraden geheilt zu seyen, deutlich zu ver-
stehen gab, und unterzog sich gerne diesem neuen Gefräste.