1870 -
Wiesbaden
: Limbarth
- Autor: Jung, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Wiesbaden
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die Spitze des Altkönigs, welche künftighin zum Gedächtniß des deut-
schen Sängers den Namen Uhlandsruhe führen wird, ist mit einem
dreifachen, 18 Fuß hohen, mächtigen Steinwalle umgeben, wahrscheinlich
ein Werk der Germanen, wie sich dieselben mehrfach aus den Bergen am
Rhein und Main vorfinden. — Diese drei Berge sind die Wetterprophe-
ten für die ganze obere Taunusgegend. Hat der Feldberg seine Ne-
belkappe aufgesetzt, so erwartet man Regen; sind die Spitzen der Berge
mit ihren weißen Kappen geziert, so wird auch in den niedern Landen
der Schnee sich bald einstellen, und sie tragen sie oft dann noch, wenn
im Frühlinge es ringsum in den Thälern zu knospen beginnt. —
Südlich von den Feldbergen wird der Theil des Gebirges von dem
Thal der schwarzen Bach durchbrochen, in welches wieder eine Menge
größerer und kleinerer, von steilen Bergwänden eingeschlossene Seiten-
thäler und Schluchten, einschneiden. Dies ist das lorsbacher Thal,
welches wegen seiner Naturschönheit vielfach besucht wird. —
Im rheiugauer Gebirge, also im westlichen Theile des Taunus,
sind noch zu bemerken die Hallgarter Zange (17869, der Rabenkops
(1609'), der besonders zur Pfingstzeit viel besuchte Niederwald (1055')
hinter Rüdesheim, der Glanzpunkt des Rheingaus; auf einem Borsprung
der Eichberg (981') (mit der Jrrenheilanstalt Eichberg), der aussichts-
reiche Boß (1022') u. a. m. In reizendem Thalgrunde, zwischen Boß
und Eichberg, umgeben von Waldungen und Wiesengründen liegen die
Gebäude der ehemaligen Abtei Eberbach, jetzt Corrections-und weib-
liches Zuchthaus. In den Kellern lagern die anerkannt edelsten Weine
aus den Domanial-Weinbergen des Rheingaus. Auch alle diese Berg-
spitzen und Kuppen lohnen ihr oft mühsames Ersteigen mit lieblichster
Aussicht in den Rheingau und die jenseits des Rheins gelegenen Ge-
genden der fruchtbaren Pfalz. Dem Hauptstrich des ganzen Gebirgs-
zuges folgt nur ein einziges Thal, nämlich das romantische und an
mächtigen Schieferhalden reiche Thal der Wisper. Hier steigen die Berg-
seiten so steil und schroff, daß sie nur mit Mühe zu erklimmen sind.
Einzelne Punkte tragen noch jetzt die Trümmer einer Raubburg, z. B.
Rheinberg, Geroldstein rc. — Nördlich von dem Wisperthal, in dem
Winkel zwischen Wisper, Rhein und Lahn, den: sogenannten Einrich,'
erhebt sich die Kemeler Haide (1697'). Von dem mit dem aussichts-
reichen Niederwalde abschließenden Hauptkamme ziehen mehrere, anfangs
steile, später sich allmälig absenkende Bergrücken aus von Süden nach
Norden und enden an der Lahn. Sie werden durch die Thäler des
Mühlbachs, des Dörsbachs, der Aar, der Ems und der Weil ge-
schieden, und erreicht unter allen Lahnbergen der zwischen Aar und dem
Wörsbach, einem Nebenslüßchen der Ems, sich abzweigende Zug im
Zugmantel (1482) und Mensfelder Kopf (968') die höchsten Spitzen.—
Der Taunus wird vom Main, welcher oberhalb Frankfurt das
Gebiet des Regierungsbezirks betritt, begrenzt. Er umfließt das Ge-
birge auf der Südseite und erreicht seine größte Breite etwa 400 Schritte
an der Mündung bei Mainz. Auf dieser Strecke umsäumt er jenen
fruchtbaren Landstrich — die Mainebene — der außerordentlich reich
ist an Getreide, Obst und Wein.
Die bedeutendste Stadt des ganzen Maingebiets ist Frankfurt,
jene alte Kaiser- und Handelsstadt, „die reich ist aller Güter und edle