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1. Theil 1 - S. 52

1859 - Hanover : Rümpler
52 sorget und fürchtet ihr seinetwegen. Ihr möchtet ihn wohl gern mit euren Blicken begleiten und helfen, wenn ihr's nur könntet. Nun, was meint ihr, sollte der liebe Gott nicht können und thun, was ihr nicht vermögt und doch wünscht? — Wenn ihr die rechten Augen dazu habt, könnt ihr das Faß ohne Sorge fortschweben sehen aus dem Wäger. Aber wie, denkt ihr, muß der lieben Mutter um das Herz sein, da sie ihren Alfred mitten ans dem tiefen Weiher schweben und schwanken sieht! — Sie war nämlich in ein oberes Zimmer des Schlosses hinaufgegangen und hatte sich an das Fenster begeben, um in die grünende und blühende Frühlingslandschaft einen Blick zu thun; da sah sie ihr geliebtes Kind mitten ans dem Weiher, aber auch das Täubchen sah sie, worauf er zusteuerte. Welche Angst, welch ein Schreck mag ihr Mutterberz ergriffen haben! Ei, nicht doch, Kinder. Es fiel ihr sogleich ein liebes Gvttes- wort ein, das ihrem Herzen oftmals ein Trost gewesen war, nämlich das Wort, ihr wisset wohl, wer es von den Kindern gesagt hat: 'Ihre Engel schauen immerdar das Angesicht meines Vaters im Himmel,' und noch ein anderes Gotteswort: 'Der Herr behütet die Einfältigen und lässet es den Frommen gelingen.' — So schaut sie heimlich und ohne Sorge von dem hohen Erker des Schlosses hinunterz Alfred aber wußte nicht, daß die Mutter ihn sähe. So ruderte und schob nun Alfred mit großer Anstrengung ans das Täubchen los und wischte sich oft am Ermel den Schweiß vom Gesichte. Das Täubchen aber wurde immer matter und matter, und seine Kreise immer kleiner und kleiner; aber dem Knaben wuchs die Kraft und der Muth. Endlich war cs ihm gelungen; Alfred hatte sein Ziel erreicht. Da neigte er sich vorsichtig und leise in seinem wackelnden Boote, streckte die Hand hinaus, faßte das Täubchen und zog cs ans den Wellen. Das arme Thierchen zitterte wie ein Espenblatt und hatte sein Schnäbelchen offen und die Augen zu und war wie sterbenskrank. Es läßt sich leichtlich denken, der Schreck und die Reue und dazu die Angst und das kalte Wasser. Damit ließ sich fürwahr nicht scherzen. Als Alfred solches sah, jammerte ihn des kranken Tänbckens; aber er wußte auch sogleich guten Rath. Er legte sein Schiss vor Anker, nämlich sein Ruder und Steuerstab mußte jetzt auch sein Anker werden und, in den Boden befestigt, das Schifflein halten. Die Liebe ist ebenso klug, als sie stark ist, und weiß aus nichts etivas und aus allem allerlei zu machen. Da nun das Schifflein stand, nahm er das Täubchen und streichelte ihm das Wasser aus den Federn, daß sie ganz glatt wurden und so trocken als möglich, und dann that er sein Hemdekräglein mit der linken Hand aus- einander und schob das Täubchen mit der rechten hinein in den Busen und knöpfte zu. Da saß es nun an seinem Herzen wie in
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