1861 -
Hanover
: Rümpler
- Autor: Goedeke, Karl, Colshorn, Theodor
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
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dowort eines Herrn in seinem Herzen, vor dessen Augen nur die
Ehre, die vor Gott gilt, geachtet ist, die Ehre aber vor Menschen
als ein Nichts erscheinet. Er gehorcht dem Commando; er faßt sich;
hoch emporgerichtet steht er vor seinem Beleidiger da, und mit einem
Ton der Stimme, welcher auch dem rohesten Herzen eine unwill-
kürliche Achtung gebietet, spricht er: <Das war für mich; — jetzt aber,
mein Herr, geben Sie mir auch etwas für meine hungernden Armen
und Kranken, welche noch heute mit Nahrung und Erquickung
versorgt werden müssen.'
Einer solchen Macht des hohen Selbstbewußtseins und guten
Gewissens gegenüber wird es dem rohen Beleidiger ganz sonderbar
zu Muthe; er wirst die Karten hin, springt von seinem Stuhle
ans, umarmt den Almosensammler und giebt, denn die Lust am
Spiele war ihm vergangen, all das Geld, das er eben bei sich führte,
zur Linderung der fremden Noth hin. Auch die andern Gäste, am
Spieltische wie im Zimmer, großenteils vornehme und reiche Müs-
siggänger, reichten dem hochherzigen Empfänger der Ohrfeige unge-
wöhnlich ansehnliche Gaben für seine Kranken dar. Er selber aber,
der Almosensammler, herzlich dankend, gieng seines Weges, mit
einer Thräne im Auge, welche ihm nicht der Unmuth oder der
Schmerz über die erduldete Mishandlung, sondern die Freude über
den Sieg jener Liebe ausgepreßt hatte, welche dem Menschen schon
das Sein der Erde zu einem Vorhof des Himmels macht.
38.
Die öürgfchaft.
Damvn und Phintias.
Bon Schiller.
Werke. 1838. I, 294. - 1812. — 1818. — 1822 re. — Gedichte 185b. S. 267.
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damonh, den Dolch im Gewände,
Jbn schlugen die Hascher in Bande.
'Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!'
Entgegnet ihm finster der Wütherich.
'Die Stadt vom Tyrannen befreien!'
'Das sollst'du am Kreuze bereuen.'
'Ich bin,' spricht jener, 'zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben;
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.'
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken: 1
1) Frühere Lesart: Mdros.
Colshorn u. Goedekc's Lesebuch Iii.
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