1861 -
Hanover
: Rümpler
- Autor: Goedeke, Karl, Colshorn, Theodor
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
146
hausen, ungeheure mauern türmen, steinkeulen führen und durch
kein metall zu erlegen sind, während mit den schmächtigen, aber
kunstfertigen zwergen die zeit des erzes beginnt, das sie unter der
erde schürfen und schmieden: aus ihrer band empfängt der mensch
köstliches gescbmeide und leuchtende walke, auf beide, riesen und
zwerge, fällt aber ein doppeltes licht, günstig oder ungünstig, bald
wird den riesen uralte treue und Weisheit beigelegt, sie sind milch-
esser, säen und ernten nicht, sondern weiden ihre beeiden, kämmen
der rosse mähne, legen ihren bunden goldbänder an; die zwerge
bilden das stille friedliche volk, das von einfacher speise lebt und
mit den menschen gute nachbarschaft hält. bald stehn jene un-
beholfen, steinkalt und grausam da, diese tückisch und feindselig,
und des menschen ausharrende kraft trägt am ende den sieg da
von über des riesen leiblichen Vorzug, den sie mit dem geist, über
des zwergs geistigen, den sie mit dem leib bezwingt, jedesmal
widerfährt aber den riesen und zwergen gemeinschaftlich, dasz sie
zuletzt dem andrang der menschen weichen und das land räumen
müssen.
So verschieden sie gewendet sind, greifen diese Vorstellungen
von den vier altern und drei geschlechtern in einander, und der
mensch des eisenalters gleicht dem besieger der riesen und zwerge.
beide sagen erreichen zuletzt den boden der Wirklichkeit, allein
rückwärts sind sie undeutbar auf die geschickte: sie können nur
dumpfen anklang geben.
Der menschliche geist hat andere wege eingeschlagen nach
den geheimnissen der vorweit und ist beinahe wieder auf dieselbe
spur gerathen.
Wie das messer in leichname schneidet, um den menschlichen
leib innerst zu ergründen, ist in verwitterte erdhügel eingedrungen
und die lange ruhe der gräber gestört worden, von schnee ein-
geschneit, von regen geschlagen, von thau durchtrieben, muszte die
todte völva dem mächtigen gott rede stehn; was in staub und
asche übrig geblieben war, fragt unermüdliche neugier nach dem
zustand der zeit, aus welcher es abzustammen scheint, besehaffen-
heit der gräber, gestalt der morschen schädel, art und weise des
eingelegten geräths sollen antwort geben, alle diese zeugen sind
beinahe stumm, nur Inschrift und deutliche münze haben noch
kraft des Wortes; Samenkörnern, die unsere geschickte befruchten,
gleicht das in unendlicher menge durch alle europäischen felder
und hügel zerstreute römische geld.
Nach den allenthalben unternommenen ausgrabungen hat man
drei verschiedne Zeitalter ermittelt, die jenen mythischen zu be-
gegnen scheinen, zuerst angesetzt wird ein steinalter, aus welchem
mächtige felsengräber mit unverbrannten leichen und steinernen
waffen übrig sind; das volk, welches sie baute und brauchte, soll
nur jagd und fischerei getrieben, aller metalle entbehrt haben.