1. Bd. 2
- S. 14
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Europa.
Kaukasischen Kette, worunter der von Mosdok (jetzt von Jekaterinograd)
in Kaukasien nach Tiflis (Hauptstadt in Georgien) führende Weg die
Hauptstraße aus dem Norden des Kaukasus nach Georgien ist, indem
hier die Russen eine Militarstraße angelegt haben, welche stellenweise
mit Schanzen gegen die Einfalle der benachbarten räuberischen Kauka-
sier gesichert ist, und wodurch sie die Verbindung ihrer im N. des Kau-
kasus gelegenen Provinzen mit denen im S. erhalten. Die auf dieser
Straße Reisenden erhalten immer von einer Festung zur andern Bede-
ckung von Kosaken und von anderm Militar. Ein Reisender, der 1827
diese Straße mit einer Karawane passirte, erzählt uns Folgendes: „Vier
Werste oberhalb Mosdok ließen wir uns über den Terek setzen. Am
jenseitigen Ufer ist die Bergfeste, die Alexandrowsche Redoute, worin
wir übernachteten. Am folgenden Morgen verkündete der Trommelschlag
den Moment des Ausmarsches, und alle Reisende mußten sich außer-
halb der Feste in gerader Linie focmiren. Gleich darauf trat auch-die
für sie bestimmte Bedeckung heraus; sie bestand aus einer Kanone,
60 Mann Infanterie und 20 berittenen Kosaken. Ein Offizier be-
fehligte unser Detaschement. Die Trommel ertönte zum viertenmale
und unser Zug begann. Vorn befand sich eine Abtheilung der In-
fanterie, ihr folgte die geladene Kanone mit dem dazu gehörigen Pul-
verkasten, hinter welchem ein Artillerist mit der angezündeten Lunte
ging, auf diese kam die beladene Post, auf diese alle Reisende zu
Pferde, Wanderer zu Fuße mit ihrem Gepäcke, und endlich die Equi-
pagen, die paarweise fuhren. Eine Abtheilung Infanterie schloß den
Zug, ein Theil derselben ging der Karawane zu den Seiten, die Ko-
saken schlossen rings um sie eine Kette und schickten ihre Patrouillen
auf eine weite Entfernung zum Recognosciren, die halbe Infanterie
marschirte mit geladenen Gewehren. Immer nach 6 bis 7 Wersten
ward ein kurzer Halt zum Ausruhen der Menschen und Pferde ge-
macht. Zur tiefen Nachtzeit kamen wir endlich auf der nächsten Kon-
stantinowschen Redoute an, in der wir übernachteten. Die Weges-
strecke zwischen 2 Bergfesten gilt bei allen durch den Kaukasus nach
Georgien gehenden Karawanen für eine Tagereise, indem sie die Nachte
in den Festungen verbringen. Am Nachmittage des vierten Tages seit
unserm Aufbruche aus Mosdok langte unsere Karawane glücklich in
Wladikawkas an, einer auf einer Flache am rechten Ufer des Terek ge-
legenen Festung mit einer Vorstadt, am Eingänge einer engen, hohen
Bergkluft, welche die Kaukasuskette von hier an zu bilden beginnt.
Durch diese äußerst enge Bergkluft, welche der Terek durchströmt, geht
nun die Straße längs dieses Flusses nach Georgien. Hier bekommt
man nur eine Bedeckung von 6—10 Mann. Zuerst bietet sich dem
Blicke eine unabsehbare Kette von Bergen, mit Gehölz bedeckt, dar,
welche die schwarzen Berge genannt werden; über sie ragen die
Spitzen höherer Berge, mit ewigem Schnee bekrönt, hervor. Die Kluft
verengt sich immer mehr und scheint sich zuletzt ganz zu schließen. Die