1. Bd. 2
- S. 53
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Russisches Reich.
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dieser Zone unerwartetes Schauspiel; nämlich die verschiedenen Blu-
menausstellungen am Katharinenkanale und in andern Gegenden der
Stadt, eine Menge seltener und köstlicher Blumenarten. Auf dem
Heumarkt zeigt sich dem Fremden wieder ein ganz anderes Schauspiel
in den berghohen über einander geschichteten Haufen von geftornen
Fischen und von gefrornem Fleisch, wo man wegen der Wasserverbindun-
gen, in welchen Petersburg mit einem sehr großen Theile des Reichs
steht, beinahe die Erzeugnisse aller Flüsse und Seen Rußlands sieht.
Auffallend ist auch dem Fremden, mitten im Tumult des Straßenver-
kehrs ganze Schaaren von Tauben, alle von blaugrauer Farbe, sorg-
los und ungestört ihre Nahrung auf dem Pflaster suchen und nur
um wenige Schritte, den Fuhrwerken und Fußgängern ausweichen zu
sehen, indem sie unter dem Schutze der öffentlichen Meinung und
des frommen Glaubens des Russischen Volks stehen, das damit den
Begriff des Heiligen zu verbinden scheint, der in dieser Gestalt zur
Erde niederstieg, und so in der Gestalt der Taube das Bild des Gött-
lichen zu erblicken glaubt.
Unter den öffentlichen Plätzen erwähnen wir vorzüglich folgende
drei: 1) Das Marsfeld, ein schöner, freier Platz und der größte,
auf welchem der Kaiser oft über die Garderegimenter Heerschau hält.
Von zwei Seiten ist er von dem kaiserlichen großen und kleinen Som-
mergarten umgeben. Die dritte begränzt der Marmorplatz und die
vierte eine Reihe großer, massiver Gebäude. Ihn ziert die kolossale
bronzene Statüe des berühmten Russischen Feldherrn Suwarow, im
Römischen Kostüm, das Haupt mit dem Helm bedeckt und in der Rech-
ten ein Schwert haltend. 2) Der Peters- und Senats platz,
welcher seinen erstern Namen von der trefflichen Statüe Peters des
Großen hat, des Gründers von Petersburg, die man an dieser Stelle,
in den Mittelpunkt der Hauptstadt setzte, um ihn gewissermaßen zum
ewigen Zuschauer der Wunderwerke zu machen, zu denen seine schöpfe-
rische Hand den Grund legte. Sie stellt den Kaiser zu Pferde in
kolossaler Größe von Kupfer gegossen vor, wie er in Galopp einen
Granitfelsen hinaufreitet, den man besonders dazu als Fußgestell aus-
wählte und welcher roh 5 Millionen Pfund wog, nach seiner Bear-
beitung aber noch 30,000 Ctr. wiegt und 17 F. hoch ist. Der Hin-
terhuf des Rosses zertritt die unter ihm sich krümmende Gestalt des
Neides, der Zwietracht und der Empörung. Die Felsenbasis hat eine
Lange von 50 F. und die obere Platte, worauf sich das Pferd erhebt,
ist 8 F. breit. Die Russen gehen nie vor dieser Statüe vorüber, ohne
ihr Haupt zu entblößen und Beweise der innigsten Verehrung zu ge-
den. Außer derselben, zieren diesen auf der Nordseite von der Newa
begränzten Platz, auf der Ostseite das Prachtgebäude der Admiralität,
auf der Westseite der Senatspallast und auf der Südseite die im Bau
begriffene prächtige Jsaakskirche, daher auch dieser Theil des Platzes
Isaaksplatz heißt. 3) Der mit schönen Gebäuden umgebene Platz