1. Bd. 2
- S. 69
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Russisches Reich. 69
welches 1612 unter Anführung des Fürsten Posharsky die Polen
verjagte.
Von den merkwürdigsten Gebäuden Moskaus nennen wir nur
noch folgende: das schöne neue Theater, aus Stein und Gußeisen er-
baut; das große Exercirhaus, 568 F. lang, 168 breit und 43\ F.
hoch, dessen ungeheure Decke von keinem Pfeiler getragen wird, und
in welchem 2000 Mann Infanterie und 1000 Mann Kavalleris
exorcicen können; das prächtige Findelhaus, welches für das größte und
schönste seiner Art in Europa gehalten wird, und mit den dazu ge-
hörigen Anstalten ein geräumiges Stadtviertel bildet, und jährlich 5 bis
6000 Kinder aufnimmt. Das Hauptgebäude enthält Wohnungen
für mehr als 2000 Personen. Auch dürfen wir nicht vergessen das
Hospital, welches der Graf Scheremetjew gestiftet hat zur Aufnahme
von 140 Greisen. Er verwendete \ Million Rubel auf das Gebäude
und bestimmte ein eben so starkes Kapital und überdies 8400 Bauern,
die aber nie höher als, zu 10 Rubel auf den Kopf besteuert werden
dürfen zum Fonds; und seit seinem Tode giebt dessen Sohn der An-
stalt noch einen jährlichen Zuschuß von 25,000 Rubel; daher diese
Stiftung jährlich gegen 140,000 Rubel Einkünfte hat und auch noch
eine große Anzahl von Hausarmen unterstützen und jährlich 50 arme
Mädchen ausstatten kann. Die Größe des Gebäudes verstattet, daß
nicht mehr als 2 bis 3 Greise ein Zimmer bewohnen. Und diese Zim-
mer sind geräumig, geschmackvoll gemalt, selbst zierlich geschmückt. Die
Kleidung, die Wäsche der Greise, alles wird in der ausgezeichnetsten
Reinlichkeit erhalten, und ihre Kost ist vortrefflich. Auch sind in der-
selben Anstalt 60 Stellen für Kranke, und diese werden, wie die
Greise ohne Unterschied der Religion und der Herkunft aufgenommen.
Eins der herrlichsten Denkmäler der neuern Baukunst sollte dem
Plane nach die Heilands- oder Erlöserskirche werden, die Kaiser Alex-
ander auf den Sperlingsbergen, zum Andenken des gränzenlosen Pa-
triotismus, der Treue und Aufopferung, wodurch die Russische Nation
in dem Kriege 1812 sich so sehr auszeichnete, erbauen lassen wollte,
und wozu der Grundstein 1817 vom Kaiser selbst gelegt ward. Nach
dem Projekt sollte dieser Tempel an Pracht und Größe mit der herr-
lichen Peterskirche zu Rom wetteifern; allein man hat die Ausführung,
der großen Kosten wegen, ausgegeben.
Das Dorf B o r o d i n o, 2 M. von der kleinen Stadt M o sh a i s k,
an der Straße von Moskau, 12 M. von letzterm, ist bemerkenswerth
wegen der großen Schlacht, die am 7. September 1812 dabei vorfiel.
Nachdem Napoleon mit einem der schönsten und größten Kriegsheere
von 520,000 Mann in Rußland eingedrungen war und das Russische
Heer langsam vor den eindringenden Schaaren sich immerfort zurück-
gezogen hatte, ohne daß es zu einer Hauptschlacht kam, hielten endlich
die Russen in den letzten Tagen des Augustmonates bei Borodino
Stand. Kuttssow (spr. Kütüsoff), welcher das Oberkommando über-