1. Bd. 2
- S. 145
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Osmanisches Reich.
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soll. Übrigens findet mcm alle Anstalten frommer Stiftungen des
Islams, welche bei andern Moscheen nur einzeln angetroffen werden,
bei dieser Moschee vereinigt, nämlich Elementarschulen (Mekleb), 4
Akademien (Medresses), ein Hörsaal der Überlieferung (Darol
H a d i ß) für die 4 rechtgläubigen Sekten, ein anderer für die Lesung
des Korans (Darol Kiriat), eine Arzneischule, ein Spital, eine Ar-
menküche (Imaret), ein Unterkunftsort für Reisende (Kara-Wan
Serai), eine Bibliothek, eine Brunnenanstalt, ein Versorgungshaus
für Fremde und das Begrabniß (Turbe) des Sultans Soliman. —
Roch verdient vorzüglich die Moschee Sultans Achmed bemerkt
zu werden, die unter allen Moscheen Constantinopels am reichsten ver-
ziert, und von hohen Platanen beschattet ist. Sw steht auf dem At-
meidan, dem vorzüglichsten Platze Constantinopels, von welchem sie
durch eine lange Mauer mit 3 Thoren und 72 Fenstern abgesondert
wird. Sie ist im ganzen Osmanischen Reiche die einzige, welche 6
Minarets hat, wahrend alle übrigen höchstens nur 4 haben. Die
Lange des Vorhofs betragt 56, die Breite 77 Schritte. Die Moschee
selbst hat 100 Schritte ins Gevierte. Der Grund dazu wurde 1608
gelegt. Die Kuppel wird von 4 auffallend dicken Säulen getragen,
welche mehr kleinen Thürmen gleichen, indem jede 36 Ellen Umfang
hat. Das Minder (die Kanzel) ist ein Meisterstück von Steinbild-
nerei und mit einer vergoldeten Krone gedeckt, über welche sich ein
vergoldeter Halbmond erhebt. Auch die beiden Flügel des einen Tho-
res sind mit sehr kunstreicher getriebener Arbeit aus Erz bedeckt. Keine
Moschee ist so reich an Kostbarkeiten aller Art, welche theils in den
Schatzgewölben aufbewahrt werden, theils am Kranze der Lampen und
in der Moschee selbst aufgehängt sind. Darunter zeichnen sich sechs
mit Smaragden besetzte Lampen aus, welche an goldenen Ketten han-
gen. Auf den vergoldeten und mit Perlmutter ausgelegten Pulten er-
blickt man Korane von allen Formaten und von den schönsten Schrif-
ten. An der einen Wand hangt der jedesmalige letzte Überzug oder
das sogenannte Edle Kleid der Kaaba,zu Mekka, welches die Pilger-
Karawane statt des Geldgeschenkes, mit dem sie von hier auszieht, mit
zurückbringt; denn von hier aus erfolgt der festliche Auszug jener Kara-
wane. Auch findet hier zur Feier des Mewlud (des Geburtsfestes
des Propheten) jährlich eine feierliche Versammlung des Hofes und aller
Staatsbehörden Statt. Eben so begiebt sich der Sultan an den zwei
großen Festen des Beyrams, in Begleitung des gesummten Hofstaates
nach dieser Moschee, um die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten.
Unter den 18 Vorstädten Constantinopels sind die beiden Galata
und Pera am bemerkenswerthesten. Die erstere, deren Größe so an-
sehnlich ist, daß sie fast 1 Stunde im Umfange hat, liegt amphithea-
tralisch sich erhebend, dem Serail gegenüber, an der nördlichen Seite
des Hafens, und ist auf 3 Seiten durch eine, noch aus den Zeiten
der Genueser, welche Galata bis zur Eroberung Constantinopels als
Cannabich's Hülfsbuch. It. Band. 10