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1. Bd. 2 - S. 153

1837 - Eisleben : Reichardt
Osmanischcs Reich. 153 Begriffen für etwas Erlaubtes und Gerechtes. Dieses Rachegefühl verleitet ihn dann zum Raube, zum Morde und zu andern grausamen Handlungen. Mit der Muttermilch wird dem Knaben das furchtbare „Wer sich nicht rächt, ist ein ehrloser Schurke" eingeflößt und die Blutrache erbt sich von Vater auf Sohn und Enkel. Ist ein Monte- negriner von seinem Feinde erfchoffen worden (und dies geschieht nicht selten), so hat die Familie des Verstorbenen die Verpflichtung, diesen Mord durch einen neuen an irgend einem Gliede der Familie des Mörders zu sühnen. Eine Familie, die dieser Verpflichtung nicht nachkäme, würde vom ganzen Lande als entehrt betrachtet werden. Der Blutrachec lauert auf unschuldige Verwandte des Mörders und schießt sie aus sicherm Hinterhalte nieder. Lauert er zu lange vergeblich, so wagt er sich bis in die Nahe ihrer Wohnungen, und in Ermangelung eines Erwachsenen, genügt ihm jedes lallende Kind. Doch nie wird bei Ausgleichung der Blutrache ein Weib getödtet, welche Schonung nur eine Folge der tiefen Verachtung ist, worin das weibliche Geschlecht steht; denn ein Montenegriner halt es für den größten Schimpf ein Weib, ein in seiner Meinung so erbärmliches Wesen, zu tobten. Der Haß und die Rache entflammt sich von beiden Seiten, bald hat die Familie des Mörders, bald die Familie des Bluträchers mehrere Todte zu beklagen; die Zahlen werden gegenseitig gewissenhaft gleich gemacht, und dies dauert oft viele lange Jahre fort, bis dem blutigen Kampfe durch ein Lösegeld ein Ende gemacht wird, das der Mörder den Verwandten oder Erben des Gemordeten bezahlt; denn die Familie des Gemordeten bewahrt Jahre lang die blutbefleckten Kleidungsstücke, um durch die Vorzeigung derselben die Verwandten des Gemordeten zur Rache zu entflammen, weil nach dem herrschenden Volksglauben seine Seele nicht eher Ruhe findet, bis sein Mörder gefallen ist, oder sich durch ein Lösegeld losgekauft hat. — Den größten Handelsverkehr treiben die Montenegriner mit den Österreichischen Unterthanen auf den Granzmarkten von Cattaro und Budua. Der besuchteste Bazar ist jener von Cattaro, welcher wöchentlich dreimal vor dem einen Thore dieser Stadt gehalten wird. Aus Furcht vor der Pest werden dabei dieselben Maßregeln beobachtet, wie bei den Bazars an der Türkischen Gränze. Die Einheimischen und Montenegriner sind nämlich durch ein Geländer so von einander getrennt, daß keine Berührung Statt finden kann. Ein Gesundheitsbeamter und eine Militärwache halten die polizeiliche Ordnung aufrecht. An diesen Markttagen erhält eine bestimmte Zahl von Montenegrinern Einlaßkarten in die Stadt, nachdem sie vorher ihre Waffen auf dem Bazarplatze abgelegt haben. Den Weibern ist der Eintritt in dieselbe ohne Einschränkung erlaubt. Seit der Zeit die Montenegriner mit den Türken in friedlichen Ver- hältnissen leben, treiben sie auch mit diesen Handelsverkehr und bege- den sich zahlreich auf die Bazars an der Gränze. Die kleine Stadl Le sch oder Alessio, in Albanien, unweit des
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