1. Bd. 2
- S. 167
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Griechenland.
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verschiedene geschickte Land- und Seeoffiziere der Europäischen Staaten
unter den Griechen nahmen, bewirkten, daß die Feldzüge 1822, 1823
und 1824 im Ganzen für die Sache der Griechen mit Glück endigten.
Noch größere Erfolge verhinderte oft ein ausfallender Mangel an Ei-
nigkeit unter den Griechen selbst. Mit dem Anfange des Jahres 1823
begann die Lage der Griechen sehr gefahrvoll und verzweifelt zu^ wer-
den. Um nämlich den Aufstand mit einem Male zu unterdrücken,
bot nicht nur die Pforte selbst alle ihre Kräfte auf, sondern rief auch
den Pascha von Egypten mit seiner Land-,und Seemacht zur Hülfe
herbei. Ibrahim Pascha, der Sohn desselben, landete in Morea und
zog mordend, sengend und brennend durch das unglückliche Land. Von
da rückte er nach Livadien vor und nahm am 22. April 1826 die
heldenmüthig vertheidigte Festung Missolonghi. Die Sache der Grie-
chen schien jetzt um so mehr verloren, da ihre Mittel und Kräfte er-
schöpft waren und überdies einheimische Parteien die Führer und Häup-
ter des Volks entzweiet hatten.
Und nimmer würde sich Griechenland von seinem Jammerzustande
aufgerichtet haben, wenn sich nicht die 3 Machte England, Rußland
und Frankreich durch den Traktat zu London 1827 dahin vereinigt
hätten, den Sultan durch Güte oder durch Gewalt zu vermögen, vor-
erst durch einen Waffenstillstand mit den Griechen, dem Blutvergießen
ein Ende zu machen und die Griechischen Angelegenheiten auf friedli-
chem Wege beizulegen. Da aber die Pforte dies Ansinnen mit stol-
zem Tone zurückwies, und ferner Ibrahim Morea auf unerhörte Art
verwüstete und entvölkerte und die geforderte Einstellung der Feindselig-
keiten verweigerte: erfolgte am 20. Oktober die große Seeschlacht im
Hafen von Navarin, wodurch die Türkisch-Egyptische Flotte beinahe
gänzlich vernichtet wurde. Die Hoffnung der Griechen gewann neues
Leben, besonders da Rußland 1828 der Pforte den Krieg erklärte.
Bald darauf schickte Frankreich, in Folge des Londoner Vertrags, ein
Befreiungsheer von 15,000 Mann nach Morea und vertrieb Ibrahim
gänzlich daraus. Durch ein neues Protokoll zu London im I. 1829
wurde festgesetzt, daß Griechenland in der Linie bis zu den Meerbusen
von Volo und Arta eine erbliche Monarchie, unter einem christlichen,
die Oberhoheit der Pforte anerkennenden Prinzen, werden und bleiben
sollte. Der Friede zu Adrianopel nöthigte die Türken diesem Protokoll
ihre Zustimmung zu geben. Ein neues Protokoll vom I. 1830 ver-
engerte zwar Griechenlands Gränzen bedeutend und gab namentlich
die Inseln Samos und Candia zurück, gewährte aber dagegen den Grie-
chen völlige Unabhängigkeit von der Pforte und erhob Griechenland
zur souveränen Erbmonarchie. Da der von den 3 Machten zum Kö-
nige von Griechenland ernannte Prinz Leopold von Sachsen-Koburg
die Krone ausschlug und darüber die Unzufriedenheit, Unordnung und
Parteisucht in dem unglücklichen Lande einen so hohen Grad erreichte,
daß der früher angebetete Präsident des Staates Kapodistria 1831 er-