1. Bd. 2
- S. 190
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
190
Europa.
Nischen Wappen, lange Feldschlangen findet man aus dieser mächtigen
Felsenfeste. Um einen Begriff von der Höhe zu haben, diene der Maß-
stab, daß der Flecken und die Ruinen des alten Korinth dem Auge
von oben wie eine ruhig gelagerte Schasheerde und die Fahrzeuge auf
beiden Meerbusen wie Nußschalen erscheinen. Wie groß und umfang-
reich der Bereich der Festung sey, ist daraus zu entnehmen, daß man
in demselben auf die Jagd gehen kann, und die Besatzung, welche ihr
Fleisch lebendig kaufte und die Schafe und Ziegen umher weiden ließ,
diese nicht wieder einfangen konnte, sondern sie mit der Flinte erlegen
mußte. Die Akrokorinth gut verproviantirt und bewaffnet, kann jeder
Einschließung ruhig entgegen sehen und schwerlich möchten Wurfge-
schütze ihre Höhe erreichen. Nur Verratherei, Mutlosigkeit der Be-
satzung oder Mangel an Lebensmitteln und Munition können die
Thore dieser Festung öffnen. Außer den nöthigen Gebäuden, als Ma-
gazin, Lazareth, Moschee rc. befindet sich in derselben sogar eine Stück-
gießerei. Beim Niedersteigen von der Akrokorinth wird man erst ihre
Schroffe und Steilheit gewahr, und biegt man sich nicht im Gehen
sehr zurück, so muß man unwillkührlich laufen und dabei befürchten,
kopfüber zu schießen. Den Scheitel der Akrokorinth krönt das Fort
Bendiskuve, ein wahres Felsennest, das zu seiner Vertheidigung
nur einer geringen Besatzung bedarf. Der Akrokorinth fehlt es nicht
an Wasser, indem man daselbst reichliche Quellen und unter andern
die berühmte Quelle Pirene findet, jetzt Drako Nero, d. h.
Drachenquelle genannt. Als christliche Denkmäler verehrt man heilig
die Paulushöhle, auf der Halste des Berges Phuka, in welche sich
der Apostel Paulus einst geflüchtet haben soll, und am Fuße des Ber-
ges die kleine Paulskirche, an der Stelle erbaut, wo der Apostel
das Christenthum predigte und eine zahlreiche Christengemeinde grün-
dete, an welche er jene 2 Briefe richtete^ die uns die heilige Schrift
bewahrt.
Navarino, Navarin ist eine kleine, feste Seestadt auf der
Südwestseite der Halbinsel More^ mit einem Hafen, dem besten und
geräumigsten in Morea, welcher 3 St. lang und 1 St. breit ist und
1000 Schiffe fassen kann. Sein Wasser ist tief genug für die größ-
ten Kriegsschiffe und der Ankergrund so sicher, daß selbst die Hafen
von Plymouth, Cadix, Syrakus und Brest darin keinen Vorzug haben.
Die Mündung des Hafens befindet sich einerseits zwischen der äußer-
sten Spitze der langen, aber schmalen, mit Felsenriffen umgebenen In-
sel Sphagia oder Sphakteria, andererseits aber zwischen der
äußersten Spitze des Festlandes, die aus einem großen Felsen besteht.
Der Eingang in den Hafen ist zwar bequem, aber so schmal, daß nur
2 Schiffe zugleich einlaufen können; daher derselbe sehr leicht gegen
alle Angriffe einer Seemacht vertheidigt werden kann. Was aber die-
sen Hafen vorzüglich berühmt gemacht hat, ist die große Seeschlacht,
welche am 20. Oktober 1827 hier geliefert ward, in welcher die verei-