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1. Bd. 2 - S. 214

1837 - Eisleben : Reichardt
214 Asien. dem Anblicke, welcher sich unsern Augen darbot, ganz betroffen; wir befanden uns in einem weiten und vollkommen beleuchteten Hofe; in der Mitte desselben erhebt sich ein viereckiger Raum mit 4 Röhren, woraus sich die 4 größern Ströme der Flamme ergießen, und ein Licht verbreiten, welches die Fremden eben so sehr überrascht, als blendet. Rings herum in dem Innern und längs der Mauern sieht man die Zellen der Guebern oder Parsen, welche sich hier niedergelassen haben, um das heilige Feuer zu verehren. *) Einer von ihnen empfing uns bei unserer Ankunft. Halb nackt, bloß mit einem Schurz und einem weißen Turban bekleidet, trat er langsamen Schrittes und mit gefalte- ten Handen aus seinerzelle uns entgegen, und verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor dem Feuer, dem Gegenstände seiner Gottesverehrung. Die andern, eben so wenig bedeckt, kamen nach und nach hervor. Wir gingen hierauf in ihre Zellen, in denen uns Flammen entgegen strahlten, bald von der Spitze, bald aus dem untern Theile eines Rohres, wel- ches in der Erde steckte, und zu einer Fackel diente. Diese Zellen sind in ihrer Größe verschieden, jeder erbaut sich die seinige selbst. Die Mauer, welche diese Zellen umschließt, ist sehr hoch und gut unterhal- ten. In der Mitte dieses klosterartigen Gebäudes ist eine höhlenar- tige Vertiefung angebracht, mit großen, zum Theil durchbrochenen Stei- nen gewölbt. Wenn einer dieser Zellenbewohner stirbt, so setzt man seinen Leichnam aus dieses Gewölbe, begießt ihn mit Butter und bringt eine brennende Substanz in den unterirdischen Raum, um das Gas anzuzünden, das derselbe enthalt. Ist der Körper ganz verzehrt, so sammelt man die Asche, die durch die Ritzen der Steine in das Ge- wölbe fallt, sorgfältig, zerstreut sie in den Wind, und die Todtenfeier- lichkeit ist beendet. Mehrere Guebern kommen theils auf 5, theils auf 8 Jahre an diesen Ort, den sie Ate gasch d. h. Feuerort, nen- nen, und wenn sie ihre Andacht für sich selbst oder für Andere ver- richtet haben, kehren sie in ihr Vaterland zurück. Einige wohnen seit 15 und 30 Jahren an diesem 'Feuerorte und bleiben wohl bis zu ihrem Tode daselbst. Sie leben armselig, essen kein Fleisch und näh- ren sich nur von Pflanzen, die sie mit eigner Hand bauen. Die hier ansaßigen Guebern sind größtentheils Mönche oder Dschoghis, wie sie sich selbst unter einander nennen, und beobachten aus diesem Grunde den Eölibat. Das ewige Feuer, welches in diesen Zellen, in dem Hofe des Klosters und außer demselben brennt, ist ein entzündbares Gas. Es ist keine Naphtha, wie einige Reisende irrig behaupteten, das hier brennt, sondern Wasserstossgas, welches sich in der Erde entwickelt, aus *) Guebern, Gebern oder Parsen bezeichnet eine Religionsparthei, die ihren Ursprung von Zoroaster ableite-der zwei Grundursachen alter Dinge annahm, nämlich eine gute, Ormuzd, das Licht, und eine böse, Ahriman, die Finsterniß, und jenes unter dem Bilde des Feuers verehrte. Die weni^m Anhänger dieser Religionsparthei woh- nen jetzt in dem südlichen Persien in einigen Gegenden Ostindiens.
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