1. Bd. 2
- S. 216
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
21h
Asien.
sten, wenn die Atmosphäre voll feuchter Dünste ist, und das Licht steigt
dann nicht selten bis in die Wolkenbezirke hinauf. Besonders erfol-
gen diese Lichtausflüsse auf warme Herbstregen und bei warm und feucht
bleibender Luft. Die Felder um Baku scheinen dann in vollen Flam-
men zu stehen. Aber dieses weiß - blaue Feuer zündet nicht und man
verspürt mitten darin nicht einmal Warme. Ost gerathen die Feuer-
massen wie ungeheure Irrlichter in Bewegung und ziehen über die
weiten Flachen hin. Doch dauert dies Flammenspiel nur bis in die
4te Stunde der Nacht. Zuweilen verschwindet es in den Ebenen und
zeigt sich nur an den Gipfeln der Vorgebirge, wo dann besonders der
Soghdo-Ku (Berg des Paradieses) ein prachtvolles Schauspiel dar-
bietet. Bei Ostwind findet diese Naturerscheinung niemals Statt,
wahrscheinlich weil alsdann die Atmosphäre zu kalt und zu trocken ist.
Astrachan ist eine der wichtigsten und ansehnlichsten Städte des
asiatischen Rußlands, 307 M. von St. Petersburg und 178 M.
von Moskau, und hat für Rußlands Handel nach dem Kaspischen
See und Persien die vortheilhafteste Lage. Sie liegt auf mehreren
niedrigen Hügeln einer von Armen der Wolga gebildeten Insel, welcher
Strom 12 Meilen unterhalb Astrachan mit mehr als 70 Armen zwi-
schen sandigen Inseln ins Kaspische Meer sich mündet. Diese gün-
stige Lage verschafft dieser Stadt Verbindung mit den reichsten und
fruchtbarsten Theilen des Reichs und mit den vorzüglichsten Hasen
des Kaspischen Meeres, und macht sie zur Handelsniederlage zwischen
Rußland auf der einen Seite und Persien, der Bucharei und Ostin-
dien auf der andern Seite. Die Schiffe, die von hier nach dem Ka-
spischen Meere segeln, haben, außer mit den Untiefen bei Astrachan,
auch noch mit 6 dergleichen auf der untern Wolga zu kämpfen, und
ungeachtet dieser Schwierigkeiten ist die Schifffahrt so beträchtlich, daß
jährlich 900 bis 1000 Schiffe mit einem Waarenwerthe von 13 bis 14
Millionen Rubel aus der Wolga nach Astrachan gelangen. Die Zahl
der Einwohner dieser Stadt betragt an 40,000. Ihre zahlreichen Kir-
chen, ihre schönen Obstgarten, ihre Weinberge, welche vorzüglich im
ganzen Rußland verschickte Trauben liefern, ihre großen Vorstädte, ihre
Festung (Kreml) machen auf den Reisenden bei ihrer Annäherung ei-
nen günstigen Eindruck, der aber verschwindet, sobald er die Stadt selbst
mit ihren hölzernen Hausern und ihren unregelmäßigen, kothigen und
ungepflasterten Straßen betritt. — Drei Bazare oder Chane sind
nach asiatischer Art für die vornehmsten Handelsgeschäfte bestimmt,
welche in dem einen ausschließlich von den Russischen, in dem zweiten
von den Asiatischen und in dem dritten von den Ostindischen Kaufleu-
ten gemacht werden, wovon die letzter» zwar nicht sehr zahlreich sind,
aber doch die wichtigsten Geschäfte machen und unverheirathet zusam-
men in einem großen hölzernen Gebäude leben.
Ungemein wichtig ist die Fischerei, welche die Bewohner Astra-
chans in der Wolga und in dem nahen Kaspischen Meere betreiben.