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1. Bd. 2 - S. 222

1837 - Eisleben : Reichardt
222 Asien. lichen Bedürfnisse, die es erzeugt; als er aber zur Horde zurückkehrte, wurde er in jeder Beziehung noch einmal ein achter und vollkommner Kirgise, und blieb dabei bis ans Ende seines Lebens. Das weibliche Geschlecht unter den Kirgisen verdient in sehr vielen Hinsichten den Vorzug vor dem männlichen; es zeigt Liebe zur Arbeit, welche diesem fehlt. Den Weibern liegt ausschließlich die Verrichtung der häuslichen Arbeiten ob; sie leisten wenigstens die Hälfte der Geschäfte, welche mit dem Viehstande verbunden sind; ja sie müssen den Männern das Pferd satteln und beim Aufsteigen behülflich seyn. Die Belohnung dafür ist, daß sie als Sklavinnen behandelt werden und in ihren Haus- herren nichts als grobe, anmaßende Tyrannen finden; doch sind sie nicht in Harems eingesperrt und' vom Umgang mit Männern ausge- schlossen. Mit dieser großen Thätigkeit vereinigen die Kirgisen-Weiber andere ihrem Geschlechte eigenthümliche Eigenschaften: Gutherzigkeit, Mitleid und mütterliche Zärtlichkeit. Diejenigen Personen, welche bei diesem Volke in Gefangenschaft gewesen sind, sprechen von den Wei- bern in lobenden Ausdrücken, was sie selten von den Männern thun. So groß die Zahl der Weiber ist, die ein Kirgise hat, so muß doch ein jedes ein abgesondertes Zelt bewohnen; es ist Gesetz, daß ein Zelt zur Ausstattung einer Braut gehöre. Die erste Frau wird Baibischa, d. h. reiche Frau genannt; sie allein ist in der That die Haus- frau. Selbst wenn der Hausherr keine Neigung für sie hat, so muß er sie doch ehren und seine übrigen Weiber veranlassen, dasselbe zu thun; die letztern, welche sich alle gleich sind, stehen in einer gewissen Abhängigkeit von der Baibischa. Die Kirgisen sind sehr rachsüchtig und nichts schmerzt sie mehr, als wenn sie sich nicht für eine erlittene Beleidigung rächen können. Sie gleichen im Augenblicke ihrer Wuth über die vereitelte Rache Wahn- sinnigen, und verwunden sich oft selbst mit ihrem Messer, aus bloßem Arger, daß ihnen ihr Feind entschlüpft ist. Wenn sie nach langem Suchen und vielen Hindernissen den Gegenstand ihres Hasses erlangen können, so sind sie nicht menschliche Wesen, sondern wahre Tiger. Bei ihren räuberischen Angriffen, die sie mit unglaublicher Schnellig- keit und meistens in der Nacht machen, bedienen sie sich außer ande- rer Waffen, auch der Arkans oder langen Stricke mit Schlingen, um damit Gefangene zu machen. Nur ihre erste Attake ist gefährlich, in- dem sie dabei ihre ganze Stärke aufbieten; mißlingt sie aber, so ist ihr Muth im Augenblick dahin und mit weibischer Feigherzigkeit wen- den sie sich zur Flucht. Überhaupt beschränkt sich ihr kriegerischer Muth auf Kühnheit im Überfallen. Eine feste Linie oder ein Viereck guter Infanterie kann einem zehnmal stärkern Haufen Kirgisen widerstehen. Besonders haben sie große Furcht vor dem Geschütz; schon der Anblick einer Kanone erfüllt sie mit Schrecken. Fragt man einen Kirgisen, von welcher Religion er sey, so ant- wortet er gewöhnlich: ich weiß es nicht. In der That ist es schwer
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