1. Bd. 2
- S. 238
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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A sien.
nehmen haben, das man an andern rohen Völkern vermißt. Beson-
ders hebt man ihre Ehrfurcht vor dem Alter und ihre Verwandten-
Uebe heraus.
Die Asiatische Türkei.
Unter den Seen dieses Landes ist vorzüglich das Todte Meer
zu bemerken, von den Arabern Bahr el Luth d. h. Loths-Meer
genannt, welcher Namen sich auf die biblische Geschichte Loths, des Nef-
fen Abrahams bezieht, nach dessen Flucht die damals hier gestandenen
Städte Sodom und Gomorrha durch Feuer und Schwefel zerstört wur-
den. Die sichersten Nachrichten über diesen See verdanken wir dem
berühmten Reisenden Seetz, der 1806 mit den größten Gefahren we-
gen der anwohnenden räuberischen Beduincn-Araber den ganzen See
umwanderte. *) Die Gewässer dieses Sees füllen eine lange wenig
gekrümmte Einsenkung zwischen 2 Hochwanden, die ihn von N. nach
S. ohne Unterbrechung auf seiner Ost- und Westseite begleiten und
eine wahre Fortsetzung der Judaischen und Arabischen Felswand sind.
Die Gegend dieses Sees, der zur Provinz Syrien gehört, ist fast ohne
alle Vegetation, von weißem mit Salz geschwängertem Sand bedeckt,
unter welchem man zum Theil eine schwarze, zähe, stinkende und dem
Peche ähnliche Materie findet. Die ganze Umgegend ist vulkanisch.
Der See selbst, etwa 12 M. lang und 3 M. breit, scheint durch ei-
*) Seetzcn war 1775 in Ostfriesland geboren, studirte zu Göttingen
und kam 1802 nach Gotha, von wo er von dem Herzoge und dem
Erbprinzen mit Instrumenten und einem Iahrgehalt unterstützt, nach
Konstantinopel ging, um Asien zu bereisen. Halb Türkisch halb Ara-
bisch gekleidet, trat er unter dem Namen Musa, von Damaskus
aus seine Reise durch die bis dahin unbekanntesten Gegenden Syriens
an, bald in Gesellschaft, bald allein, da Furcht vor räuberischen Be-
duinen alle zurück scheuchte. Nachdem er diese beschwerliche Reise
vollendet hatte, kam er 1805 nach Damaskus zurück, und begann bald
darauf neue Entdeckungsreisen im Libanon und Antilibanon. Nach
Damaskus zurückgekehrt, bereitete er sich zu neuen, höchst gefahrvol-
len Wanderungen vor, und trat dieselben 1806 an, wobei er auch die
Ostscite des todten Meeres besuchte, und sich, um mit einiger Sicher-
heit vor räuberischer Habsucht seine Untersuchungen fortsetzen zu kön-
nen, fast in Lumpen kleiden mußte. So zog er oft barfuß, meist un-
ter freiem Himmel schlafend, in jenen unwirthbaren Gegenden umher.
Nachdem er 1807 nach Kairo in Ägypten gekommen war, blieb er
daselbst 2 Jahre, und trat scheinbar zum Islam über, um auf diese
Weise leichter nach Arabien vordringen zu können. t Er durchreifte
nun einen großen Theil Arabiens, besuchte die Städte Mekka und
Medina, indem es ihm gelang, allenthalben die Augen der Späher zu
täuschen. Bon Mocha aus ist sein letzter nach Europa gelangter Brief
datirt, worin er sein Vorhaben meldet, die noch übrigen südlichsten
und östlichsten Gegenden Arabiens zu besuchen, allein das Schicksal
erlaubte es ihm nicht, indem er 1811 in Arabien in der Nähe von
Taes plötzlich starb, wahrscheinlich vergiftet.