1. Bd. 2
- S. 241
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Osmanisches Reich.
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104. Ii. Band), Getreidefelder umgeben dieses Dorf, wiewohl es da-
selbst von Natur kaum eine Ebene giebt, die über 20 F. ins Gevierte
hat. Die Einwohner bauen mit großem Fleiße Terrassen, theils um
den Boden zu ebenen, theils um zu verhindern, daß die Erde nicht
von dem Regen im Winter heruntergewafchen werde, und um zu-
gleich das zur Wasserung ihrer Felder nöthige Wasser zurück zu halten.
Wasser ist im Überflüsse vorhanden, denn zahlreiche Quellen ergießen
sich an jeder Seite in den Kadifcha, dessen Quelle selbst 2 Stunden
weit von Bschirrai ist. Ein Reisender der neuern Zeit *), welcher den
Cedernhain besuchte, indem er von der Syrischen Stadt Tripoli seinen
Weg dahin nahm, erzählt hiervon Folgendes: „Von der Stelle von
wo aus wir Bschirrai zuerst zu sehen bekamen, hatten wir noch ^M.
bis zum Cedernhain, den wir bald darauf erreichten. Obgleich ich die
Baume nicht zahlte, so schienen mir doch über 8 bis 900 nicht vor-
handen zu seyn. **) Sie stehen im Hintergründe des Bschirrai-Thales,
welches hier von steilen, gelblichen und wie Hutköpfe geformten Ber-
gen umgeben ist. Der Cedernwald befindet sich auf einem sandigen,
steinigen Hügel dieses Thales, doch stehen rund umher auf ähnlichen
kleinen Hügeln noch einige einzelne Cedern. Alle waren vollkommen
ausgewachsen, und vergebens sah ich mich nach einem jungen Spröß-
ling zum Verpflanzen um. Diese Cedern, so wie der Ort selbst und
die Umgebungen hatten für mich etwas so Feierliches und Erhebendes,
daß es mich nicht Wunder nimmt, daß der Wald nicht bloß von den
aus fernsten Weltgegenden kommenden Pilgern, sondern auch von den
Maroniten, in deren Gebirgsbezirk er liegt, als eine heilige Statte be-
trachtet wird. Um die größern Baume, 20 bis 30 an der Zahl, ha»
den die Maroniten kleine Mauern, in Gestalt runder Altare, aufge-
führt, an denen sie an gewissen Festtagen, insbesondere am Feste der
Verklarung Christi, Messen lesen und Gottesdienst verrichten. Die
alten Cedern haben, dicht oberhalb der Wurzel, sich gewöhnlich in starke
Äste ausgebreitet, welche einem gemeinsamen Stamm angehören. Bei
allen bilden die Zweige einen rechten Winkel mit den Stammen, so
wie die Nadeln mit ihren Stielen. An Höhe kommen sie den grö-
ßern Tannen gleich, jedoch sind die, oft 8 bis 10 F. dicken Zweige bei
Weitem mehr ausgebreitet und buschiger. Die Stamme der größeren
und alteren Baume können kaum von 3 bis 6 Personen umspannt
werden und halten 36 bis 40 F. und darüber im Umkreise, und die
Höhe betragt von der Wurzel bis zu den Zweigen 20—24 F. Die
*) Berggren Reisen in Europa und im Morgenlande. Aus dem Schwe-
dischen übersetzt von Ungewitter. Darmstadt 1826. 3 Theile.
**) Andere Reisende geben eine geringere Zahl an, z. B. der berühmte
Burkhardt sagt: „von den ältesten und am besten aussehenden Bäumen
zählte ich 11 oder 12; 25 sehr große, ohngefähr 50 von mittlerer
Größe und mehr als 300 kleinere und junge." Buckingham schätzt
die Zahl dieser Cedern nur auf 200.
Cannabich's Hülfsbuch. Ii. Band.
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