1. Bd. 2
- S. 246
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Asien.
minder muthig und tapfer. Die Tracht der Drusen männlichen Ge-
schlechts besteht in einer Tunika von grobem Tuche, mit verschiedenfar-
bigen Strichen; sie werfen sie über ihre Schultern, tragen darunter
eine Weste und weite Pantalons, welche sie um ihre Taille mit einem
Franzengurt von weißer oder rother Leinwand fest machen. Dieser
Gurt dient ihnen zugleich zur Aufbewahrung eines Dolches und der
Pistolen, die sie stets bei sich führen. Ihren Kopf bedecken sie mit
einem verschiedenfarbigen Turban. Die Frauen tragen eine von grö-
beren Stoffen verfertigte Kleidung. Ihre geflochtenen Haare fallen in
langen Zöpfen hinter ihren Schultern herab. Am meisten zeichnet sie
ein gewöhnlich silbernes Horn in der Gestalt eines abgestumpften Ke-
gels aus, das sie auf ihrem Kopfe befestigen, und woran sie einen lan-
gen Schleier anheften, mit dem sie sich beim Ausgehen umhüllen.
Übrigens haben die Drusen auf ihren Gebirgen immer eine gewisse Un-
abhängigkeit behauptet, sind von der Pforte nur als zinspflichtig be-
trachtet worden und haben im äußersten Falle nichts als einen gering-
fügigen Tribut entrichtet. Dasselbe Verhältniß fand auch Statt, als
1833 von der Pforte Syrien mit dem Libanon an den Pascha von
Ägypten abgetreten wurde. Doch hat letzterer kürzlich (1835) die
Drusen genöthigt sich ihm gänzlich zu unterwerfen. In Hinsicht der
bürgerlichen Verfassung theilen sich die Drusen in Landbauer und in
Scheiks, und werden von einem Groß-Emir regiert, jetzt Emir Be-
schir, aus der Familie der Shebabs, die aus Mekka stammt und
seit dem 16. Jahrhunderte diesem Lande seine Beherrscher gegeben hat.
Wiewohl diese Familie der Shebabs ursprünglich zum Islam sich be-
kannte und auch noch jetzt öffentlich sich das Ansehen giebt, als beob-
achtete sie die Muhamedanischen Gebrauche, so hat doch der Emir mit
dem größern Theile der Shebabs heimlich das Ehristenthum, nach den
Gebrauchen der Maroniten angenommen. Seine Residenz und die
Hauptstadt der Drusen ist Deir-el-Kammar, welche am Anfange
eines engen, nach der Küste sich hinunterziehenden Thales des Libanon
liegt und von etwa 3—4000 Maroniten, 1200 Drusen und 100
Türken bewohnt ist. Der Haupterwerbszweig der Einwohner ist der
Seidenbau und die Seidenweberei; sie sind vorzüglich geschickt die rei-
chen Abbas d. h. seidenen Röcke oder Mantel zu machen, die mit
Gold und Silber durchwebt, von den vornehmen Scheiks der Drusen
getragen werden, und wovon das Stück mit 800 bis 1000 Piaster
bezahlt wird. Der Emir hat zwar chier ein Serail, halt sich jedoch
den größten Theil des Jahres über in Ptedin oder Beteddein
auf, wo er sich auf einer Anhöhe einen schönen Pallast hat erbauen
lassen, halb im Europäischen, halb im Orientalischen Geschmack. Zwei
große gepflasterte und mit Cypressen bepflanzte Höfe, in denen eine
trefflich gekleidete Leibgarde aufgestellt ist, marmorne glänzende Spring-
brunnen, herrliche Kiosks und eine reiche Vergoldung an den Fenstern
geben dem Äußern ein blendendes Ansehen. Das Innere verräth eine