1. Bd. 2
- S. 262
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Asien.
schnitten und unter die Gesellschaft vertheilt wurden. Ich hörte ihrem
Gespräche zu, das sich um Pferde und Sklaven drehte; sie hielten mich
für einen Afghanen, und wünschten mir gute Nacht mit aller Ehrer-
bietung, die, man einem guten Muselmann schuldig ist."
Zu den Einwohnern der Asiatischen Türkei gehören auch die Kur-
den, welche sowohl das Osmanische, als Persische Kurdistan bewoh-
nen, und als Nomaden leben. Die Zahl der auf Türkischem Gebiete
lebenden Kurden soll 800,000 betragen; geringer ist die Zahl derselben
im Persischen Kurdistan. Über ihre Abstammung ist man nicht einig.
Sie selbst behaupten zwar, daß sie Abkömmlinge der Mongolen oder
Uzbekschen Tataren waren, aber die Größe und Schönheit ihrer Au-
gen, ihre Adlernase, die Weiße ihrer Haut und ihre große Statur
widerlegen diesen Tatarischen Ursprung. Zaubert, ein Franzose, welcher
1806 und 1806 Kurdistan durchreiste, theilt von den Kurden folgende
Nachrichten mit. Ihre Tracht kommt in manchen Stücken mit der
Türkischen überein, doch tragen sie über ihre Kleider einen großen Man-
tel von schwarzen Ziegenhaaren und statt des Turbans eine hohe Mütze
von rothem Tuche, mit einem Shawl von gestreifter, brennender Farbe
umwunden. Eine ungeheure Menge feidener kleinen Quasten ist an
dem einen Zipfel der Mütze befestigt, welcher Kopfputz ihnen fehr gut
steht. Das Haupt- und Barthaar wird geschoren und nur ein Stutz-
bart stehen gelassen. Die Frauen tragen keine Schleier und genießen
mehr Freiheiten, als bei den meisten andern morgenländischen Völkern.
Die Männer sind vortreffliche Reiter und wissen die Lanze sehr gut
zu schwingen. Kriegsübungen machen ihre liebste Unterhaltung aus.
Sie beschäftigen sich vorzüglich mit der Viehzucht, leben aber auch
zugleich vom Raube, indem sie den ansteigen Bewohnern des Landes
das Getreide oder Vieh stehlen, oder die Reisenden ausplündern. Da-
bei halten sie aber die Pflicht der Gastfreundschaft heilig. Nähert sich
ein Fremder ihren Zelten, so beeilen sich schon mehrere Reiter ihm ent-
gegen zu reiten. „Seid willkommen sagen sie zu ihm, wir wollen Euch
bei uns aufnehmen. Die Stunde ist uns sehr angenehm, möge sie
(Ute!) für Euch glücklich seyn!" Man führt ihn in das Zelt des reich-
sten und geachtetsten im Stamme und die Weiber eilen, ein Mahl zu
bereiten. Während einige in der Geschwindigkeit eilt grobes Mehl kne-
ten, holen die andern Milch und Honig, oder breiten auf der Erde
Teppiche, das Werk ihrer Hände aus. ' In derselben Zeit tragen die
jungen Leute dafür Sorge, seine Saumthiere abzupacken, und den
Pferden die Füße zu waschen. „Kinder, sagt der Alte, tragt für un-
sern Gast Sorge. Ein Fremder ist eilte Gabe Gottes. Laßt ihm
und feinen Leuten nichts mangeln. Denkt auch an seine Thiere, es
sind die Schiffe der Wüste; und Du Reisender, sey willkommen. Du
bist hier unter den Deinigen. Deine Zufriedenheit sey für uns das
Unterpfand des Segens vom Himmel. Wenn Du bei uns einige
angenehme Stunden verlebst, werden wir glücklicher seyn, als Du