1. Bd. 2
- S. 272
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Asien.
ses Klosters bestehen in den gesammelten Almosen aus Spanien, Por-
tugal und Italien, aus dem Gewinne durch den Handel mit Kruzi-
fixen, Rosenkränzen und andren Pilgerwaaren, in den Geschenken,
welche wohlhabende Pilger und Fremde für ihre gefundene Aufnahme
hinterlassen. Auch erhalt das Kloster oft Vermächtnisse von frommen
Personen aus Europa, und Europäische Fürsten senden zuweilen an-
sehnliche Summen; z. B. der König von Spanien im Jahr 1815 an
60,000 Fl., und der letztverstorbene König von England, Georg Iv.
1500 Pf, Sterling. Als Sieber hier war zahlte das Kloster 7 Prie-
ster, die übrigen 20 Religiösen waren bloß Laienbrüder, von denen je-
der ein Geschäft zu besorgen hat oder ein Handwerk versieht. Jeder
Laienbruder wird auf Kosten des Klosters aus den Klöstern Italiens,
Portugals oder Spaniens verschrieben und bringt die gesammelten Al-
mosen oder das für die Klöster Palästinas bestimmte Geld mit. Ec
ist verpflichtet, 3 Jahre daselbst zu verbleiben, und geht dann wieder
aus Kosten des Klosters in seine Heimath zurück. Der Abt des Klo-
sters hat den Rang eines Bischofs. Das Kloster steht am nordwest-
lichen Ende Jerusalems, indem es mit der Rückseite an die Stadt-
mauer sich anlehnet, und ist ein großes unregelmäßiges, festes
Gebäude, das mehrere Höfe, Gallerten, einige Garten umschließt
und mit einer festen Mauer und eisernen Thüre versehen ist, so daß
es in unruhiger' Zeit als ein sicherer Zufluchtsort angesehen werden
kann. Für 100 Pilger gewahrt dieses Gebäude ein bequemes Unter-
kommen, und von der Dachterrasse desselben hat man eine treffliche
Übersicht der Stadt. Es giebt nicht weniger als 22 Brunnen, alle
mit dem herrlichsten Wasser, innerhalb der Mauern des Klosters. Auch
gehört eine schöne Kirche dazu. — Noch weit größer als dieses Fran-
ziskaner-Kloster ist das Armenische Kloster, das gegen 1000 Pilger
fassen kann, mit seiner Kirche und den Garten einen großen Raum
des innerhalb der Stadtmauer liegenden Theils des Berges Zion ein-
nimmt, und gleichsam eine kleine Stadt für sich bildet. Es ist mit
allem versehen, was zur Bequemlichkeit der Pilger dient, nimmt alle
Pilger der -Armenischen Kirche aus und unterhalt sie wahrend ihres
Aufenthaltes in Jerusalem. ■ Die Kirche soll auf derselben Stelle er-
baut seyn, wo Jakobus, der Bruder des Johannes, auf Befehl des
Königs Herodes mit dem Schwerte hingerichtet worden ist, und ist
schön und prachtvoll. Die Wände und Säulen sind ganz mit Por-
zellan bekleidet und der Fußboden ist mit der herrlichsten Musivarbeit
geschmückt. In einer kleinen Abtheilung zeigt man das Sank-
tuarium des heil. Jakobus, und glaubt, dies sey gerade der Platz, auf
dem er enthauptet worden ist. Dasselbe ist mit Bildhauerarbeit in
weißem Marmor, mit massiven silbernen Lampen, mit Vergoldung
und mit Gemälden geziert, was zusammengenommen eine überra-
schende Wirkung hervorbringt. Die zu demselben führende Thür ist
noch schöner, denn sie besteht ganz und gar aus Schildpatt, Perl-